MODE KUNST ARCHITEKTUR

Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Die Universität Köln, Teil 3: Die Universitäts- und Stadtbibliothek, Rolf Gutbrod 1960 - 67

Brutalism
Brutalism
Brutalism

Form und Farbe erzählen uns von Form und Farbe, weiter nichts, sagt Oscar Wilde. Der Satz fiel mir wieder ein als ich mir meine Fotos der Bibliothek ansah, die Rolf Gutbrod für die Universität Köln entworfen hat. Dabei müsste man den Satz um den Aspekt des Materials erweitern, denn selten hat man so sehr das Gefühl, dass das Material in seiner Farbe und Form so direkt und absolut zur Geltung kommt wie hier. Gutbrod treibt das Raue des Brutalismus auf die Spitze und erhöht es sogar noch, indem er die groben Betonoberflächen in Kontrast setzt zu glatten, matten und glänzenden, sogar spiegelnden Elementen wie Aluminium, Glasbausteinen und dem Wasser des künstlichen Sees, der die Bibliothek mit dem Hörsaalgebäude verbindet.
  
Brutalism, Cologne

Nichts wird hier versteckt oder kaschiert, es regieren einzig die Materialien in ihren charakteristischen Eigenschaften und Farben. Was die Formen betrifft, so gelingt Gutbrod seine typische Mischung aus strenger Funktionalität und bildhauerischer Phantasie. Er inszeniert den Weg des Besuchers vom Dunklen, Höhlenartigen des Eingangs, wo innen und außen durch die Plastizität der Betondecke eine Einheit bilden, über zwei gegenläufige Treppen ins lichte Filigran der Lesesäle. In den Räumen, deren Wände beinahe vollkommen aus Glasbausteinen bestehen, korrespondieren die Bücherregale mit der Komposition der Fensterrahmen und auch hier besteht über die in den Saal hineinragenden Glasbausteinwände ein fließender Übergang zwischen innen und außen. Weit oberhalb des Geschehens blicken vogelartige Figuren durch die Dachfenster hinüber zum Hörsaalgebäude, das mit seinen schnabelförmigen Wasserspeiern und seine Fassaden, die an ausgebreitete Flügel erinnern, die Vogelmetapher fortsetzt und variiert. Und auch die Fassade der Bibliothek mag man als abstrahierte Fortsetzung der Bücherregale deuten.

Brutalism, CologneBrutalism, Cologne

Samstag, 22. Dezember 2012

Die Universität Köln, Teil 2: Die Philosophische Fakultät, 1974




Den behutsamen Umgang mit Betonoberflächen hat man sich an der Universität Köln nicht unbedingt auf die Fahne geschrieben. Das Gebäude der Philosophischen Fakultät streicht man zur Zeit mit einer zähen, dickflüssig-verputzartigen grauen Farbe an, die die gesamte Komposition aus Zähnen und Rippen in stumpfe Sterilität taucht. Das Fakultätsgebäude aus dem Jahr 1974 gehört wie das Hörsaalgebäude von Rolf Gutbrod zu dem dreiteiligen Ensemble, das sich entlang der Universitätsstraße gruppiert und seinen oberen Abschluß in Gutbrods Bibliothek findet. Versucht man im Internet irgendetwas über die Philosophische Fakultät herauszufinden, so liest man lediglich von der allgemeinen Verachtung dem Gebäude gegenüber und selbst der Architekt wird nirgendwo erwähnt. 


Das „Staatliche Hochbauamt der Stadt Köln“ steht da als einziger Verantwortlicher für Aussagen wie: 

 „Das Philosophikum ist der Höhepunkt der architektonischen Unsinnigkeiten, die an der Universität zu Köln vorherrschen. 1974 wurde es als quasi letzter Bau fertig gestellt, was die Leute damals zu diesem Monstrum getrieben hat, man möchte es vielleicht gar nicht wissen. (…) Es gibt das Gerücht, dass das Philosophikum damals sogar Architekturpreise gewonnen hat. Wer das bestätigen kann, möge sich bitte bei mir melden, ich würde gerne meine Freizeit opfern, um dagegen eine Bürgerinitiative zu starten.“

„Der Bau selber ist ein waschechter Betonklotz der den meisten Studenten ein stilistischer Dorn im Auge ist.“

„Einen Elfenbeinturm stellt man sich wohl etwas anders vor. (…) Das Philosophikum erspart der Welt jegliche Form elitären Dünkels. Das ist aber auch vielleicht schon alles, was man positives über dieses Gebäude sagen kann. Man könnte auch mit Recht behaupten: das Philosophikum ist hässlich.“ (Link)

Brutalism

Wie vielfältig die menschliche Wahrnehmung doch sein kann. Als ich das Gebäude vor zwei Jahren zu ersten mal sah, war ich begeistert von der brachialen Eleganz und Strenge der Fassade und von der Licht- und Schattenwirkung der breiten Betonstreifen, die ihr einen coolen Rhythmus verleihen. Zudem fand ich die Herangehensweise des unbekannten Architekten sehr schön, ein ganz typisches Motiv Rolf Gutbrods aufzunehmen und auf dessen Basis sowohl den Grundriß als auch die gesamte Fassade zu gestalten. Beinahe wie eine Signatur integriert  Gutbrod in viele seiner Gebäuden eine Art breiten Streifen, der kurz vor seinem Ende einen Knick aufweist. Diese Streifen kommen als Treppengeländer oder Simse daher, als Vordächer oder in manchen Fällen sogar als Grundriß. War Gutbrot am Ende etwa doch am Entwurf der Philosophischen Fakultät beteiligt? Betrachtet man die obersten Stockwerke des Hahn-Hochhauses in Stuttgart, ist zumindest eine Verwandtschaft der Formen nicht von der Hand zu weisen (Link). Auch die Fassade des Flughafen Köln-Bonn von Paul Schneider-Esleben mag einem angesichts der Philosophischen Fakultät in den Sinn kommen.  

Brutalism

So wie das in der Mitte gelegene Hörsaalgebäude nach Süden durch ein Wasserbecken mit der Bibliothek verbunden ist, so ragt nach Norden hin ein Brücke auf die Philosophische Fakultät zu und endet in einer spektakulär skulpturalen Betontreppe.

Brutalism

Es ist sehr schade, dass bei der Sanierung des Gebäudes ein Gefühl für Oberflächen und Farben und für das Zusammenspiel des durch die Bäume flirrenden Lichts mit den verschiedenen Grautönen des rauen Betons offensichtlich nicht von Bedeutung ist. Trösten kann man sich mit der Tatsache, dass zumindest beim dritten Gebäude des Arrangements, der Bibliothek, die Schönheit der Betondecken zur vollen Wirkung kommt. Davon soll der dritte Teil meiner Serie handeln.

Wer jetzt ganz tapfer ist, der kann hier umblättern und sich den grauenhaften grauen Anstrich anschauen:

Dienstag, 18. Dezember 2012

Die Universität Köln - Ein Schadensbericht. Wiedersehen mit den Gebäuden Rolf Gutbrods und der Philosophischen Fakultät. Teil eins: Das Hörsaalgebäude

Brutalism

Brutalism
So schön es ist, ein Gebäude zum ersten Mal zu sehen und im Taumel der  Begeisterung alle möglichen Eindrücke in sich aufzusaugen, so schön ist es auch, nach Jahren zurückzukehren und festzustellen, daß man nun, nachdem man sich intensiv mit dem jeweiligen Architekten auseinandergestzt hat, viel mehr sieht als bei seinem ersten Besuch. Man weiß, auf welche Charakteristika man achten muß und freut sich, typische Motive des Autors nun mit nur einem Blick zu erfassen. Die Rückkehr zu einem liebgewonnenen Gebäude kann aber auch, und das ist sehr wahrscheinlich, mit Entsetzen über den aktuellen Zustand verbunden sein.

Vor zwei Jahren habe ich hier (Link) über Rolf Gutbrods Bauten für die Universität Köln berichtet: das Hörsaal- und das Bibliotheksgebäude und auch über das dem  Ensemble angeschlossene Gebäude der Philosophischen Fakul- tät, das allerdings nicht von Gutbrod stammt. Damals war ich davon fasziniert, wie sich die Seitenwände des Hörsaalgebäudes wie Adlerschwingen über dem Universitätsgelände erheben und die Raubvogelassoziation durch die markanten Wasserspeier noch verstärkt wurde. Schon vor zwei Jahren befanden sich die Betonwände mit ihren Backsteinornamenten in denkbar schlechtem Zustand und so wurde mittlerweile zumindest die Seite, die dem Neubau Paul Böhms gegenüberliegt, sorgsam in Planen und Netze verpackt.


Daß man im frisch sanierten Eingangsbereich des Biblio- theksgebäudes, das durch eine langezogene Wasserlandschaft mit dem Hörsaalgebäude verbunden ist, die für Gutbrod so typischen Betondecken nicht durch einen  Anstrich ihres Charakters beraubt hat, verbreitet ein wenig Hoffnung, wenn es um den Umgang mit den noch zu rettenden Elementen des Ensembles geht. Die Fassade der Philosophischen Fakultät allerdings ist für immer verloren. Der Irrglaube, Beton werde durch einen neuen Anstrich schöner, besteht immer noch, wobei man sich hier eines besonders zähen, verputzartigen Kleisters bedient. Darauf gehe ich in einem weitern Bericht näher ein und beginne meine Serie über die kölner Universität mit einigen Bildern von Rolf Gutbrods Hörsaalgebäude.


Sonntag, 16. Dezember 2012

TM Magazin: 2. Digital Fashion Day - Fashion goes E-Commerce im InterContinental Hotel, Düsseldorf

Online Fashion-Shop des Jahres 2012: Kauf Dich glücklich
Dank der Presse- und Lifestyle-Agentur Textschwester hatte ich kürzlich das Vergnügen, am 2. Digital Fashion Day (Link) teilzunehmen, der zum wiederholten Mal im InterContinental-Hotel in Düsseldorf stattfand. „Fashion goes E-Commerce” lautete das Thema der vom TM Magazin organisierten Veranstaltung, die über den Tag hinweg diverse Vorträge über Online-Marketing-Strategien bot und in der Prämierung des Online Fashion-Shops des Jahres 2012 gipfelte. Der Online-Shop an sich stand im Mittelpunkt der Vortragsreihe und es wurden dabei ganz unterschiedliche Aspekte behandelt, die zum erfolgreichen Gründen und betreiben einer Online-Plattform notwendig sind. 

Freitag, 14. Dezember 2012

Zwischenstopp in Düsseldorf Garath


HOTEL liest der Bahnreisende während er Garath passiert und wundert sich vielleicht darüber, die Inschrift gerade an einem so typischen Wohnhochhaus aus den Sechzigerjahren zu lesen. Beinahe „en bloc“ wurde der Düsseldorfer Stadtteil Garath damals ganz im Süden der Glitzermetropole angelegt und bietet, ganz im Gegensatz zu seinem Ruf als triste Vorstadt, eine Vielzahl interessanter Aspekte. Der Bahnreisende, der auf dem Weg nach Köln in Garath aussteigt, wird feststellen, dass es sich bei dem vermeintlichen Hotel tatsächlich gar nicht um ein groß angelegtes Ferienhotel im Costa-Brava-Look handelt (was, ehrlich gesagt, immer meine Assoziation war, man muß sich ja nur das Meer dazu denken und beachte bitte die Sonnenschirme auf den Balkonen). Das eigentliche Hotel liegt dagegen auf der Rückseite des Gebäudes, im daran angeschlossenen "Achteck". Ein energisches „Ha!“ stößt der Fan polygoner Grundrisse spätestens jetzt aus, man HAT es ja geahnt, in DIESEM Ambiente! Endlich wird es mal beim Namen genannt! Wir erinnern uns: die Flughäfen Tegel (Link) und Köln-Bonn (Link), das Sternhaus von HPP (Link), der Hörsaal 2E (Link), etc.  

Suite E bitte, wir sind zu dritt.
Folgt man nun weiter der Hauptachse der Fußgängerzone, die exakt im rechten Winkel zur Bahnstrecke liegt, läuft man direkt auf das nächste Highlight zu: die Wolfgang-Döring-Straße. Der Architekt Wolfgang Döring hat vor etwas mehr als zehn Jahren die drei U-Bahn-Haltestellen in Düsseldorf Oberbilk entworfen und dort seine Vorliebe für elegante geometrische Rasterungen bewiesen, in die sich alle funktionalen Elemente harmonisch einfügen (Link). Wo also sonst als im modernen Satelliten- stadtteil Garath sollte ihm eine Straße gewidmet sein? Der architektonische Höhepunkt Garaths liegt jedoch in Gottfried Böhms Altenwohnheim St. Hildegardis mit der dazugehörigen St.- Matthäus-Kirche. Auf das Thema Gottfried Böhm werde ich demnächst noch einmal intensiver eingehen, dann komme ich natürlich auf Garath zurück. 

Samstag, 8. Dezember 2012

Staatstrauer: Zum Tode Oscar Niemeyers


Das, wovor ich nun jahrelang Angst hatte, ist am Mittwochabend eingetreten: Oscar Niemeyer ist gestorben. Daß Niemeyer ein großer Architekt war, steht außer Frage, er war aber auch einer der wenigen Künstler, die nicht nur große Visionen hatten, er war auch in der Lage, sie in die Realität umzusetzen. Einen Regierungspräsidenten wie Juscelino Kubitschek, der euphorisch an eine moderne Zukunft des Landes glaubt, hat nicht jeder in seinem Team. Mehr noch: Niemeyer gelang es nicht nur, seine groß angelegten Ideen zu verwirklichen, er lebte auch lange genug, um sein Werk zu genießen. In wenigen Tagen hätte er seinen 105. Geburtstag gefeiert. 

Yasemin Dincer in "Dimmi dove vanno", 2010
Oft sah man in Reportagen, wie Niemeyer in seinem Atelier an der Copacabana  am Schreibtisch saß, mit Blick auf den Strand das Verhältnis zwischen Architektur und Landschaft erläuterte und dazu mit einer dicken schwarzen Linie ein futuristisches Gebäude oder eine leichtbekleidete Badende skizzierte. Man kann sich vorstellen, daß Niemeyers Weigerung den Zeichenstift aus der Hand zu legen in Verbindung mit der Aussicht auf die brasilianische Küste und dem entsprechenden Klima dazu beigetragen haben, daß der Architekt scheinbar das ewige Leben hatte. Man hat das typische Bild vor Augen, wie er die Linien seiner Gebäude direkt von den Kurven der Mädchen ableitete, die vor seinem Bürofenster in der Sonne lagen, was er mit Aussagen wie „Form follows feminine“ zudem untermauerte. Dennoch war es ihm ein ernstes Anliegen, das Phantasievolle, Barocke, Opulente mit dem Technischen zu verbinden. Tatsächlich fand man in Europa in den Vierzigerjahren Niemeyers Freizeitgebäude für die Satellitenstadt Pampulha schlichtweg zu verspielt und es folgten lange Auseinandersetzungen zwischen Niemeyer und seinem großem Vorbild LeCorbusier. Eine noch größere Abstraktion der Formen waren die Folge und eine noch größere Dimensionierung der Baukörper, und dank Kubitscheks unbedingtem Willen zur Modernisierung des Landes schließlich der Bau Brasilias.

Niemeyer hat Formen geschaffen, die niemals aus der Mode geraten sind. Das Prinzip des Gesamtkunstwerkts hat er nicht nur auf einzelne Bauten angewendet sondern von Anfang an auf gesamte Gebäudeensembles, von Pampulha zu Beginn seiner Karriere, über Brasilia bis hin zu den Kulturbauten in der Rio gegenübergelegenen Stadt Niteroi, die erst in den letzten Jahren entstanden.

"Je ne dis pas où", 2009
Als Reaktion auf Niemeyers Tod hat man in Brasilien nun eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen, aber auch ich habe einen meiner persönlichen Helden verloren. Zwei meiner Videos spielen in seinen Gebäuden und ich werde es nie vergessen, wie ich vor einigen Jahren in Paris in Niemeyers kommunistischen Kuppelsaal trat, das Licht einschaltete und die Neonlampen hinter den tausenden weißen Schuppen der Decke klack-klack-klack nacheinander ansprangen und die unterirdische Halbkugel in ein überirdisches Gleißen tauchten. Aus dieser Situation entstand das Video „Je ne dis pas où“ (Link), dem etwas später „Dimmi dove vanno“ (Link) folgte, in dem einige Szenen in Niemeyers „Superquadra“ im berliner Hansaviertel spielen. Wer Brasilia noch einmal im Zustand kurz nach der Einweihung in den frühen Sechzigerjahren erleben möchte, dem empfehle ich wie immer den Film „L’Homme de Rio“ (Link).

Screenshot aus "Dimmi dove vanno": abgelenkt von Niemeyers Gebäude im Hansaviertel verliert die Darstellerin nun endlich ihren Verfolgungsauftrag aus den Augen

Samstag, 1. Dezember 2012

Weltraumarchitektin Dr. Barbara Imhof: Die Stadt als Raumschiff / Max Grüter: Kosmonautenherz - Space Program in der Kunstakademie Düsseldorf und im Malkasten


Start in der Kunstakademie Düsseldorf
Über Weltraumarchitektur habe ich hier schon oft berichtet, wenn man mal an das Futuro (Link), die Chemosphere (Link), das Colani-Ufo (Link) und den Spodek (Link) denkt. Flugfähig sind all diese Objekte allerdings nur in unserer Phantasie. Mit echter Weltraumrauarchitektur, die einige tausend Kilometer über uns im All schwebt, kommen dagegen nur die wenigsten von uns in Berührung. So war ich natürlich begeistert, durch den Vortag von Frau Dr. Barbara Imhof in der Kunstakademie Düsseldorf zu erfahren, nach welchen Kriterien Raumstationen und Mondmobile entworfen werden, die jenseits von Science-Fiction-Ideen wirklich funktionieren müssen. Dr. Barbara Imhof ist als Architektin bei Liquifer (Link) tätig, einem Unternehmen, das in der Zusammenarbeit mit  beispielsweise der NASA oder der ESA Möglichkeiten des Zusammenlebens in Raumstationen und auf der Erde erforscht und dazu Lösungen entwickelt.
Fortsetzung in der Jacobivilla im Malkasten
Ausgangspunkt des Vortrags war das Leben in den ständig wachsenden Megacities wie z.B. Bombay, wobei Frau Dr. Imhof diverse Parallelen zwischen der Stadt im Allgemeinen und der Raumstation zieht. Beispielsweise geht es dabei um die Frage, wie man sich auf engstem Raum noch ein wenig Privatsphäre erhält und Mitglieder verschiedenster Kulturen miteinander zurechtkommen. Für den Rückzug in den eigenen Bereich entwickelte die Firma Liquifer z.B. modulartig aufstellbare Faltkammern, die in der Raumstation ISS im Einsatz sind (Link). Auch das Entwerfen von Schlafsäcken spielt bei Liquifer eine große Rolle, da man in der Schwerelosigkeit beim Einschlafen in eine typische Schlafhaltung sackt, die ganz spezielle Anforderungen an ein funktionales Design stellen.

Grafiken von Max Grüter in der Jacobivilla
Die Stadt vergleicht Frau Dr. Imhof aber auch mit der Raumstation, da es sich in beiden Fällen um mehr oder weniger geschlossene Systeme handelt, in denen im Idealfall alles wiederverwertet werden sollte bzw. eine möglichst große Multifunktionalität der einzelnen Elemente besteht.

In ihrem Vortrag ging die Referentin auch darauf ein, wie einerseits nach wie vor unsere gesamte Vorstellung von Weltraumdesign durch Kubricks Film „2001“ aus dem Jahr 1968 geprägt ist, sich die zeitgenössische Weltraumarchitektur nach wie vor an den Ideen von Visionären des frühen 20. Jahrhunderts wie Buckminster-Fuller und Friedrich Kiesler orientieren. „If you want to predict the future, you have to design it,” zitiert Dr. Imhof Buckminster-Fuller und betrachtet man sich Kieslers „Endless House“ mit seinen fließend ineinander übergehenden Räumen (Link) , so ist der Vergleich mit dem Schweben durch die schlauchartig miteinander verbundenen Elemente einer Raumstation durchaus nachvollziehbar.
Dank an Ellen und Oliver für das schnittige Foto von mir!
Das Prinzip des Auseinanderfaltens spielt nicht nur bei den oben genannten Rückzugsmodulen der ISS eine Rolle, sondern war von Anfang an ein wichtiges Element der Weltraumtechnik. So wurde schon das erste Mondfahrzeug von zwei Astronauten auf der Mondoberfläche mit Seilen manuell auseinander geklappt und auch das Unterwasser-Habitat, das Liquifer mit der von Jacques Cousteau gegründeten Firma Comex (Link) erarbeitet hat, faltet man am Meeresgrund auf und füllt die einzelnen Kammern des Gebäudes mit Wasser bzw. mit  Wasserpflanzen. Dabei ist das geplante Unterwasser-Habitat als Vorstufe zu einem Pendant im All gedacht und als Übungsmöglichkeit für Astronauten, da man Schwerelosigkeit unter Wasser gut simulieren kann. (Dabei fiel der Ausdruck „Simulationsastronaut“, den ich vielleicht in Zukunft öfter mal in ein Gespräch mit einfließen lassen sollte.)

Montag, 19. November 2012

Helmut Berger / Julian F.M. Stoeckel: Eine Legende trifft seine Muse


Helmut Berger zu Zeiten Viscontis

Die Freundschaft zwischen einem jüngeren und einem älteren Herrn ist nicht erst seit Oscar Wilde und Lord Douglas ein erfolgversprechendes Konzept, wenn es um die gegenseitige künstlerische Inspiration und ähnliches geht. Wilde legt zeitlebens großen Wert darauf, daß man ausschließlich von der Jugend etwas lernen könne, umgekehrt thematisiert er aber auch, wie der jeweils Ältere den Geist seines jüngeren Freundes in eine bestimmte Richtung formen kann. In seinem wohl bekanntesten Werk, dem „Bildnis des Dorian Gray“, zeigt Wilde, wie die Figur des Lord Henry Wotton durch geschickte Einflußnahme das Leben des jugendlichen Protagonisten in ein Kunstwerk verwandelt. 
 
Eine ähnliche Konstellation führt auch in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts zu großen künstlerischen Visionen. 1964 trifft der damals achtundfünfzigjährige italienische Filmregisseur Luchino Visconti den vierundzwanzigjährigen Schauspieler Helmut Berger und gibt ihm bald darauf seine erste Filmrolle. Mit dem opulenten Leinwandepos  „Die Verdammten“ verhilft Visconti seinem Epheben im Jahr 1969 zu internationalem Renommée, 1972 gefolgt von „Ludwig II.“.

Samstag, 10. November 2012

Museum Folkwang, Essen: Bond, … James Bond - Fotografien und Filmplakate aus fünfzig Jahren


Daniel J. Goozeé
Outer space now belongs to 007, Moonraker, 1979
Vorankündigungsplakat, Erstaufführung, USA
Moonraker – streng geheim | Moonraker
Sammlung Thomas Nixdorf
© 1979 Danjaq LLC and United Artists Corporation. All rights reserved.

Anlässlich des runden Dienstjubiläums des Filmagenten James Bond präsentiert das Museum Folkwang in Essen seit heute Plakate und Setfotos aus allen fünf Jahrzehnten der beliebten Serie. Geordnet nach den Themengebieten Architektur, Technik, Gewalt, Erotik und einem Blick auf Bonds Verkörperung des britischen Gentleman führt die Ausstellung in die phantasievolle Welt des Secret Sevice und erläutert anhand zahlloser spektakuläre Ausstellungsstücke, wie sich der gesellschaftliche Wandel nicht nur in den Bondfilmen selbst, sondern auch in den entsprechenden Plakaten manifestiert. Beim Betrachten der unzähligen, teilweise riesigen Filmplakate erlebt man das James-Bond-Universum aus einer ganz neuen Perspektive. All die Details, die üblicherweise auf zwei Stunden Filmvergnügen verteilt sind, gruppieren sich auf den Grafiken zu in einer einzigen Bildkomposition und schaffen überbordende Konglomerate aus schmalhüftigen Girls in Glitzerbikinis, exotischen Hotspots, unterirdischen Playboyparadiesen, Hubschraubern, Harpunen, Raketen, Raumstationen, Laserstrahlen, Neonfarben etc. Das gesamte Arsenal in voller Gleichzeitigkeit.

Daß mir die Ausstellung gefallen würde, war mir schon vor meiner Fahrt zur Vernissage am gestrigen Abend klar, und so blickte ich der Eröffnung voller Vorfreude entgegen. Um alles richtig zu machen, fragte ich vorher bei der Pressestelle des Museums an, ob ich über das Event auf meinem Blog berichten darf und bekam ein Placet. Mir war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst, daß es sich bei der Bond-Ausstellung tatsächlich um die bestbewachte Veranstaltung des Jahres handeln sollte, wobei es doch eigentlich gerade in diesem Kontext abzusehen war.

Freitag, 9. November 2012

Vier Jahre SCISSORELLA: Die Strass- und Betondepesche feiert Geburtstag


Schon wieder ist es November und schon wieder jährt sich der Tag, an dem ich die geniale Idee umgesetzt habe, mir einen Blog einzurichten und ihn SCISSORELLA zu nennen, nach meinem imaginären alter ego, das mit ihrer Stoffschere vermutlich gerade Menschenleben rettet oder sich ein aerodynamisches Outfit schneidert. Vier Jahre ist es nun her, daß ich zum ersten mal auf „Veröffentlichen“ geklickt habe und seitdem ist die Aktionskurve meines Lebens stark angestiegen. 
 
Was ich alleine in den letzten zwölf Monaten mit meinem Blog erlebt habe, grenzt schon ein wenig an das Surreale, und ich konnte noch nicht einmal alles berichten. Immer noch türmen sich Fotos und Notizen en masse in meinen Archiven und warten  auf ihre Veröffentlichung. 

Donnerstag, 8. November 2012

ellipsoid episodes: Die Kostüme - Teil 5, Silberbiesen und Sambafransen



Patrizia Lohmann beim Dreh zu "ellipsoid episodes"


Bevor ich nun die nächste Serie beginne, muß erst einmal die aktuelle Reihe ordnungsgemäß beendet werden. Es fehlt immer noch der letzte Teil des Berichts über meine Kostüme zu „ellipsoid episodes“ (Link), und zwar ist das Geheimnis um den Fransenmann noch nicht gelöst. Das Making-of des silbernen Biesenkleides habe ich bereits vor geraumer Zeit gesendet (Link). Der Vollständigkeit halber muß es hier natürlich noch einmal genannt werden, vor allem, weil die düsseldorfer Künstlerin Patrizia Lohman in dem Outfit in „ellipsoid episodes“ so unglaublich grazil durch das Weltall geschwebt ist. Als heitere Anekdote darf ich zudem erwähnen, daß das silberne Kleid bereits einige Monate vor den Dreharbeiten zu meinem Video bei einem Galaabend in Berlin von Rolf Eden das Prädikat „Hollywood“ verliehen bekam, was definitiv ein gutes Vorzeichen für mein Weltraumspektakel war (Link).


Freitag, 26. Oktober 2012

Schwarz Gold Interim: Eric Alexander fotografiert Scissorella im Neonlicht


Seit langem sind die Arbeiten des Fotografen Eric Alexander fester Bestandteil des Scissorella-Universums, sei es durch dessen spektakuläre Fotos meiner Entwürfe (Link), sei es durch unsere gemeinsame Berichterstattung aus der Modewelt (Link) oder auch durch Erics Ausstellung zusammen mit der Künstlerin Stefanie Pürschler im Dezember letzten Jahres in Düsseldorf (Link).

Schwarz Gold Interim heißt nun Eric Alexanders neueste Projekt. Dabei handelt es sich um eine Portraitserie, deren Grundtöne Schwarz und Golden sich im Titel widerspiegeln, dem ganzen einen Rahmen verleihen, aber auch einen Kontrast beinhalten: den Gegensatz zwischen kühlem Neonlicht und dem warmen Schimmern zahlloser Glühbirnen. 

Freitag, 19. Oktober 2012

Reopening Vaseline Düsseldorf

Ein Aufschrei ging vor einigen Monaten durch die Bevölkerung Düsseldorfs, als bekannt wurde, daß Stylist und Setdesigner Rolf Buck seinen Laden schließen muß. Bereits seit 1998 hatte Buck das „Vaseline“ getaufte Einkaufsparadies auf der Wallstraße betrieben, wo er es seinen Kunden ermöglicht, sich mit seinem Angebot an Möbeln, Mode und Objekten aller Art genau den Look ins eigene Leben zu transportieren, der sich in den von Buck betreuten Modefotos und Musikvideos manifestiert. Da dem Ladenlokal allerdings tatsächlich ein PKW-Stellplatz zugrunde lag, der laut hochoffizieller Seite einem undurchschaubaren System sonderbarer Vorschriften zu entsprechen hatte, musste sich Buck nun nach einem neuen Standort für seinen Laden umschauen und fand diesen schließlich direkt nebenan in der gleichen Straße. Den Stadtplan musste man somit am letzten Freitag nicht auspacken um zur Neueröffnung der Vaseline zu gelangen, wo Rolf Buck und Partner Raffael ihre Gäste mit einem strahlenden Lächeln inmitten ihres funkelnden und Glitzeruniversums voller farbenprächtiger Details begrüßten. Wir wünschen alles Gute für die Zukunft!
(Vor ein paar Jahren Jahren hatte ich übrigens das Vergnügen, Rolf und Raffael bei der Zusammenarbeit an einem Videodreh kennenzulernen: Las Balkanieras - Moje plave Oci (Link).)

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Richard Gottlob und Horst Klement: Habiflex, Wulfen 1974

Das Habiflex ist meines Erachtens eines der schönsten und zukunftsweisendsten Gebäude, die ich kenne. Vor allem aus der Vogelperspektive gesehen entfaltet es seine gesamte Rafinesse, wird einem doch dann erst das geschickt komponierte System aus Terrassen, Stegen, Kuben und Flächen bewusst.

In den hohen offenen Wohnzimmern des Habiflex mit ihren Waschbetonwänden und freischwebenden Treppen, über die man zu den Dachterrassen und oberen Stockwerken der Penthäuser gelangt, habe ich schon sehr viel Zeit verbracht, allerdings nur in meiner Phantasie. Seit einigen Jahren sind die unteren beiden Etagen der Wohnanlage zugemauert und erst vor einigen wenigen Monaten verschwand auch die allerletzte Öffnung im Mauerwerk. 
Wir sind in Wulfen, der Neuen Stadt, die in den Sechzigerjahren als ein Versuchfeld des zukunftorientierten Bauens im Norden des Ruhrgebiets angelegt wurde und von Anfang an mit einer zu geringen Bevölkerungsdichte kämpfen musste (Link). Zwei Wohnbauten stachen damals in der sorgsam angelegten Bergbausiedlung besonders hervor: die eine, die Metastadt, ist längst abgerissen, die  andere, das Habiflex, ist zugemauert und dem Verfall preisgegegben.


Als das Habiflex im Jahr 1974 gebaut wurde, glaubten die beiden Architekten des Gebäudes, Richard Gottlob und Horst Klement aus Gelsenkirchen, so sehr an ihre innovativen Ideen und die Schönheit ihres Entwurfs, daß sie ihr eigenes Kapital in dessen Verwirklichung investierten. Vierzig sogenannte Etagenbungalows beinhaltete die Wohnanlage, wobei die Silbe „flex“ für die Beweglichkeit der Wände und Fenster stand. Dabei konnte man nicht nur ganz nach Bedürfnis den Wohnraum aufteilen, auch den Balkon konnte man nach Wunsch in einen Wintergarten verwandeln, je nachdem wie man die Fenterscheiben in ihren Schienen verschob. 

Donnerstag, 11. Oktober 2012

ellipsoid episodes: Die Kostüme - Teil 4, Die Astronautin



Um meine Serie über die Kostüme fortsusetzen, die ich für "ellipsoid episodes" entworfen und genäht habe, folgt nun eine Foto-Love-Story, die en détail schildert, wie ein junges Mädchen ihren großen Traum verwirklicht, auf den Schwingen der Fantasie der Gravitation zu entfliehen. Unerlässliche Vorraussetzung für alle interstellaren Aktivitäten ist seit jeher neben einer umfassenden Ausbildung in puncto Fitness und Ausdauer am Boden natürlich eine tadellos sitzende Uniform, die allen Anforderungen, die der Weltraum tagtäglich an uns stellt, genüge trägt. Funktionalität und Flair gehen Hand in Hand, wenn sich die stilsichere Astronautin nach einem Tag voller Abenteuer für das Captain's Dinner umzieht, indem sie mit nur einem Zipp ihre Jackenärmel ablegt, bzw. erhitzt von schweren Gefechten an den Grenzen unseres bekannten Universums mit einem weiteren Ratsch ihre sicher wattierte Jacke auszieht. 

Samstag, 22. September 2012

Charles Wilp Space in Witten - Eröffnung des Museums zu Charles Wilps 80. Geburtstag mit der Ausstellung "Orbital Elements"

Premiere meines Kurzfilms "ellipsoid epidodes" im Rahmen der Museumseröffnung

 

Futuro, Charles Wilp, Julia Zinnbauer
Die Crew bei der Eröffnung des Museums Charles Wilp Space vor dem Futuro von Matti Suuronen: Alwina Heinz als tanzendes Fransentier (links), ich selbst als aus dem All heimgekehrte Astronautin und Filmemacherin (Mitte) und Axel Schrooten als Astronaut










 
Charles Wilp wäre begeistert gewesen angesichts der spektakulären Feier, mit der am 15. September 2012, pünktlich zum achtzigsten Geburtstag des Fotografen und Allroundkünstlers, das ganz seiner Space-Art gewidmete Museum in seiner Heimatstadt Witten eröffnet wurde. Der Witwe des Werbe- und Weltraumpioniers, Frau Ingrid Schmidt-Winkeler, war es gelungen, die luftige Halle eines Pumpenhauses an der Ruhr in einen imposanten Ausstellungsraum zu verwandeln, der mit seinem Flair ganz dem Geist des technikorientierten Künstlers entspricht. Zudem hatte Sie zusammen mit dem von ihr gegründeten Verein „Charles Wilp Modul“ eigens ein Futuro organisiert, eines der Ufo-Gebäude des finnischen Architekten Matti Suuronen aus den späten Sechzigerjahren. Und auch ich hatte Charles Wilps Geburtstag lange Zeit entgegengefiebert, sollte mein Weltraumfilm „ellipsoid episodes“ (Link), den ich vor Ort gedreht hatte, im Rahrem der Eröffnung des Charles-Wilp-Space genannten Museums seine Premiere haben.

Auf Beton projiziert - schöner und passender hätte man meinen Kurzfilm definitiv nicht präsentieren können.


Donnerstag, 13. September 2012

Orbital Elements/ellipsoid episodes: Eröffnung des Charles Wilp Museums in Witten


Ich freue mich, Euch an dieser Stelle zu der Eröffnung des Charles-Wilp-Moduls einzuladen! Anlässlich des achtzigsten Geburtstags des Fotografen und Artronauten Charles Wilp wird am Samstag, dem 15. September um 14 Uhr in Witten mit der Ausstellung "Orbital Elements" das dem Künstler gewidmete Museum eröffnet. In diesem Zusammenhang wird mein aktuelles Video "ellipsoid episodes" gezeigt und das Scissorella-Team ist natürlich mit von der Partie um sich mit Euch in den absoluten Africola-Futuro-Rausch zu begeben. Kommt vorbei!

Wasserwerk Witten
Ruhrstraße 110
12 Uhr 

Zu weiteren Informationen geht es hier entlang:
  • Ankündigung der Eröffnung in den Ruhrnachrichten (Link)
  • ellipsoid episodes (Link)

Dienstag, 28. August 2012

Die Neue Stadt Wulfen - Moderne Stadtplanung in den Sechzigerjahren



Kürzlich hatte ich mal wieder völlig unerwartet Geburtstag, und so stand plötzlich die Frage im Raum, zu welchem spektakulären Ziel der alljährlich am 4. August stattfindende Ausflug diesmal führen sollte. Nach dem Keramion von Peter Neufert (Link) im letzten und dem Barcelona Pavillon im vorletzten Jahr ging die Fahrt schließlich in die Neue Stadt Wulfen bzw. nach Wulfen Barkenberg, wie es sich heute nennt. Aufmerksam war ich auf Wulfen durch die Ausstellung „Architektur im Aufbruch. Planen und Bauen in den Sechzigerjahren“ des M:AI im Oktober letzten Jahres in Köln geworden, bei der das Modell eines spektakulären Gebäudes namens Metastadt zu sehen war. Es  wirkte, als sei es der Prototyp für die moderne Stadt des dritten Jahrtausends in irgendeinem japanischen Science-Fiction-Film. Tatsächlich aber war es für die Neue Stadt Wulfen konzipiert worden.


Nachdem sich der Bergbau im Ruhrgebiet immer weiter nach Norden ausgedehnt hatte, beschloß man anläßlich der Eröffnung der Zeche Wulfen bei Dorsten, nicht nur ein neues Wohngebiet nach dem Vorbild typischer Werkssiedlungen anzulegen, stattdessen sollte eine gesamte Stadt entstehen, die Neue Stadt Wulfen. Lage der neuen Stadt sollte die landschaftlich sehr schöne Gegend in der Nähe Dorstens sein.

Ich hatte das Glück, in Oliver Korn, dem frisch angetrauten Ehemann einer langjährigen Freundin, einen Ortskundigen zu finden, der in Barkenberg aufgewachsen und nach wie vor ein euphorischer Fan der gesamten Anlage ist. Unsere kleine Reisegruppe hat er mit Hintergrundwissen und Anekdoten über das echte Leben auf den Straßen der Experimentalstadt versorgte.

Dienstag, 21. August 2012

HPP: Sternhaus, Düsseldorf 1968-72


Fährt man von der Innenstadt Düsseldorfs in Richtung Messegelände, so markiert das Sternhaus mit seinen achtzehn Stockwerken den Abschnitt der Kaiserswerther Straße, an dem die Showrooms unzähliger Modelabels liegen. Auch in dem Gebäude selbst befinden sich heute Niederlassungen verschiedener Modefirmen. Der Name „Sternhaus“ bezieht sich auf den Grundriß des Gebäudes, der aus drei aneinandergestellten Sechsecken besteht. Das von HPP entworfene und in den Jahren 1968 bis 72 entstandene Hochhaus ist es ein ganz typischer Vertreter der Gebäude dieser Zeit, die einen Grundriß aus fünf- oder sechseckigen Elementen aufweisen, wie beispielweise das Rank-Xerox -Gebäude des selben Architekturbüros. 

Die mit Waschbeton verkleidete Fassade  des Sternhauses erhält ihr Streifenmuster durch die horizontalen Linien der Balkone, zudem wird es dem dreiteiligen Grundriß entsprechend von drei Dachterrassen gekrönt. Als luxuriöses Pendant zu den Dachterrassen befindet sich im Untergeschoß des Hochhauses ein Schwimmbad mit Blick auf eine weitere Terrasse, deren Betonwände die charakteristische Form des Grundrisses noch einmal aufnehmen. Von der Straße ist dieser tief liegende Betongarten mit seinen grün überwucherten Wänden beinahe nicht einzusehen.  

Leider ist das Schwimmbad heute nicht mehr in Betrieb. Stattdessen residiert in den Räumlichkeiten ein berliner Taschenhersteller, dessen Dekorateur, wie es scheint, nicht unbedingt Rücksprache mit dem Genius Loci gehalten hat.