Den behutsamen Umgang mit Betonoberflächen hat man sich an der Universität Köln nicht unbedingt auf die Fahne geschrieben. Das Gebäude der Philosophischen Fakultät streicht man zur Zeit mit einer zähen, dickflüssig-verputzartigen grauen Farbe an, die die gesamte Komposition aus Zähnen und Rippen in stumpfe Sterilität taucht. Das Fakultätsgebäude aus dem Jahr 1974 gehört wie das Hörsaalgebäude von Rolf Gutbrod zu dem dreiteiligen Ensemble, das sich entlang der Universitätsstraße gruppiert und seinen oberen Abschluß in Gutbrods Bibliothek findet. Versucht man im Internet irgendetwas über die Philosophische Fakultät herauszufinden, so liest man lediglich von der allgemeinen Verachtung dem Gebäude gegenüber und selbst der Architekt wird nirgendwo erwähnt.
Das „Staatliche Hochbauamt der Stadt Köln“ steht da als einziger Verantwortlicher für Aussagen wie:
„Das Philosophikum ist der Höhepunkt der architektonischen Unsinnigkeiten, die an der Universität zu Köln vorherrschen. 1974 wurde es als quasi letzter Bau fertig gestellt, was die Leute damals zu diesem Monstrum getrieben hat, man möchte es vielleicht gar nicht wissen. (…) Es gibt das Gerücht, dass das Philosophikum damals sogar Architekturpreise gewonnen hat. Wer das bestätigen kann, möge sich bitte bei mir melden, ich würde gerne meine Freizeit opfern, um dagegen eine Bürgerinitiative zu starten.“
„Der Bau selber ist ein waschechter Betonklotz der den meisten Studenten ein stilistischer Dorn im Auge ist.“
„Einen Elfenbeinturm stellt man sich wohl etwas anders vor. (…) Das Philosophikum erspart der Welt jegliche Form elitären Dünkels. Das ist aber auch vielleicht schon alles, was man positives über dieses Gebäude sagen kann. Man könnte auch mit Recht behaupten: das Philosophikum ist hässlich.“ (Link)
Wie vielfältig die menschliche Wahrnehmung doch sein kann. Als ich das Gebäude vor zwei Jahren zu ersten mal sah, war ich begeistert von der brachialen Eleganz und Strenge der Fassade und von der Licht- und Schattenwirkung der breiten Betonstreifen, die ihr einen coolen Rhythmus verleihen. Zudem fand ich die Herangehensweise des unbekannten Architekten sehr schön, ein ganz typisches Motiv Rolf Gutbrods aufzunehmen und auf dessen Basis sowohl den Grundriß als auch die gesamte Fassade zu gestalten. Beinahe wie eine Signatur integriert Gutbrod in viele seiner Gebäuden eine Art breiten Streifen, der kurz vor seinem Ende einen Knick aufweist. Diese Streifen kommen als Treppengeländer oder Simse daher, als Vordächer oder in manchen Fällen sogar als Grundriß. War Gutbrot am Ende etwa doch am Entwurf der Philosophischen Fakultät beteiligt? Betrachtet man die obersten Stockwerke des Hahn-Hochhauses in Stuttgart, ist zumindest eine Verwandtschaft der Formen nicht von der Hand zu weisen (Link). Auch die Fassade des Flughafen Köln-Bonn von Paul Schneider-Esleben mag einem angesichts der Philosophischen Fakultät in den Sinn kommen.
So wie das in der Mitte gelegene Hörsaalgebäude nach Süden durch ein Wasserbecken mit der Bibliothek verbunden ist, so ragt nach Norden hin ein Brücke auf die Philosophische Fakultät zu und endet in einer spektakulär skulpturalen Betontreppe.
Es ist sehr schade, dass bei der Sanierung des Gebäudes ein Gefühl für Oberflächen und Farben und für das Zusammenspiel des durch die Bäume flirrenden Lichts mit den verschiedenen Grautönen des rauen Betons offensichtlich nicht von Bedeutung ist. Trösten kann man sich mit der Tatsache, dass zumindest beim dritten Gebäude des Arrangements, der Bibliothek, die Schönheit der Betondecken zur vollen Wirkung kommt. Davon soll der dritte Teil meiner Serie handeln.
Wer jetzt ganz tapfer ist, der kann hier umblättern und sich den grauenhaften grauen Anstrich anschauen: