MODE KUNST ARCHITEKTUR

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Sonntag, 12. April 2015

Helmut Rhode: Die ehemalige Horten Hauptverwaltung am Seestern, Düsseldorf 1960/61




Während in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen des Wiederaufbaus Düsseldorfs im Süden der Stadt mit Garath (Link) ein gesamtes neues Wohnviertel angelegt wurde, entstand parallel dazu am nördlichen Stadtrand mit dem sogenannten Seestern ein eigenes Büroviertel. Mit diesen jeweils für einen ganz bestimmten Zweck konzipierten Neubaugebieten, die wie Satelliten um den bereits bestehenden Teil der Stadt herum in die freie Fläche gebaut wurden, folgte man damals einer Idee, die Le Corbusier und seine Mitstreiter in der Charta von Athen beschriebenen hatten. Bereits im Jahr 1933 hatte man beim Congrès International d’Architecture Moderne das Einteilen von Städten in bestimmte Zonen als sinnvoll erachtet, nachdem LeCorbusier die Überlegung schon in den Zwanzigerjahren dargelegt hatte, beispielsweise anhand der „Ville Radieuse“ (1924). Heute betrachtet man diese Art der Aufteilung insgesamt sehr skeptisch und strebt wieder eine Durchmischung von Wohnen und Arbeiten an, sowohl in den einzelnen Vierteln einer Stadt als auch in Gebäuden selbst.

Eng mit dem Konzept einzelner Stadtzonen verbunden ist auch die Idee der Autogerechten Stadt, die in Düsseldorf u.a. durch die wie eine Schneise in die nach dem Krieg noch erhaltenen Gebäude geschnittene Ein- und Ausfallsstraße umgesetzt wurde. In der Stadtmitte fuhr man schließlich über eine sehr elegant geschwungene Hochstraße, den Tausendfüßler (Link), der zusammen mit dem stahlglänzenden Dreischeibenhaus (1957 - 60) ein Ensemble bildete, das an moderne Metropolen wie New York, Seattle oder Chicago erinnerte. Das moderne Amerika hatte Helmut Rohde auch vor Augen, als er das allererste Gebäude für das Büroviertel am Seestern plante, die Verwaltungszentrale der Firma Horten.

In Amerika arbeitete man zu dieser Zeit schon in Großraumbüros. Geprägt durch die Fotos von Andreas Feininger dachte man in Europa damals die Hochhaus-Silhouette von Manhattan, an das Pan Am Building, an dem Walter Gropius beteiligt gewesen war, an die nüchterne Eleganz der Verwaltungsgebäude von Mies van der Rohe in Chicago. Wie turbulent es in einem New Yorker Großraumbüro zuging, das beschreibt Billy Wilder schon 1960 in seinem Film „Das Apartment“, der von einem absolut entnervten Versicherungsangestellten handelt, der seine Wohnung seinen Chefs zudem regelmäßig als Liebesnest zur Verfügung stellen muss.

Und während in der Innenstadt Düsseldorfs das Dreischeibenhaus und kurz darauf der Tausendfüßler gebaut wurden, entstand mit der Hauptverwaltung der Firma Horten im Jahr 1960 der erste als Großraumbüro geplante Gebäude Deutschlands. Steht man am Seestern Nr. 3 und betrachtet Rohdes Ensemble, dann fühlt man sich angesichts der eleganten Proportionen, der riesigen Flächen aus spiegelndem Glas in Verbindung mit dem matt schimmernden Stahl und Aluminium und eben auch wegen der besonderen Lage und Geschichte des Gebäudes an Tativille erinnert, die perfekte Stadt, die der Regisseur Jacques Tati eigens für seinen Film Playtime errichten ließ. Ähnlich muss es gewesen sein, als damals mitten auf dem Feld ein Gebäude entstand, das in seiner Perfektion und Modernität so gar nicht in die rustikale Umgebung eines Düsseldorfer Vororts passen wollte. Und betrachtet man die geschwungene Auffahrt zu den Parkplätzen auf der Rückseite des Gebäudes, dann fühlt man sich sogar ein kleines Bisschen an die Verbindung Tausendfüßler-Dreischeibenhaus erinnert, zumal das Innere der Hortenzentrale im Bereich des Foyers mit den gleichen Stahlelementen verkleidet ist, wie die Eingangshalle des Dreischeibenhauses.


Heute, fünfundfünfzig Jahre später, ist Rohdes Hortenzentrale umstanden von Hochhäusern und Verwaltungsgebäuden (Link) und man fühlt sich dort tatsächlich in eine modernen, schnelllebige Großstadt versetzt. Vor kurzem wurde das Gebäude zudem saniert, ganz passend von dem von Rohde gegründeten Büro RKW. Wohin dabei der von Rhode entworfene Türdrücker gelangt ist, von dem angeblich das Motiv der Hortenkachel (Link) abgeleitet wurde, bleibt noch herauszufinden.