Während in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen des Wiederaufbaus Düsseldorfs im Süden der Stadt mit Garath (Link) ein gesamtes neues Wohnviertel angelegt wurde, entstand parallel dazu am nördlichen Stadtrand mit dem sogenannten Seestern ein eigenes Büroviertel. Mit diesen jeweils für einen ganz bestimmten Zweck konzipierten Neubaugebieten, die wie Satelliten um den bereits bestehenden Teil der Stadt herum in die freie Fläche gebaut wurden, folgte man damals einer Idee, die Le Corbusier und seine Mitstreiter in der Charta von Athen beschriebenen hatten. Bereits im Jahr 1933 hatte man beim Congrès International d’Architecture Moderne das Einteilen von Städten in bestimmte Zonen als sinnvoll erachtet, nachdem LeCorbusier die Überlegung schon in den Zwanzigerjahren dargelegt hatte, beispielsweise anhand der „Ville Radieuse“ (1924). Heute betrachtet man diese Art der Aufteilung insgesamt sehr skeptisch und strebt wieder eine Durchmischung von Wohnen und Arbeiten an, sowohl in den einzelnen Vierteln einer Stadt als auch in Gebäuden selbst.
Eng
mit dem Konzept einzelner Stadtzonen verbunden ist auch die Idee der
Autogerechten Stadt, die in Düsseldorf u.a. durch die wie eine Schneise in die
nach dem Krieg noch erhaltenen Gebäude geschnittene Ein- und Ausfallsstraße
umgesetzt wurde. In der Stadtmitte fuhr man schließlich über eine sehr elegant
geschwungene Hochstraße, den Tausendfüßler (Link), der zusammen mit dem
stahlglänzenden Dreischeibenhaus (1957 - 60) ein Ensemble bildete, das an
moderne Metropolen wie New York, Seattle oder Chicago erinnerte. Das moderne
Amerika hatte Helmut Rohde auch vor Augen, als er das allererste Gebäude für
das Büroviertel am Seestern plante, die Verwaltungszentrale der Firma Horten.
In
Amerika arbeitete man zu dieser Zeit schon in Großraumbüros. Geprägt durch die
Fotos von Andreas Feininger dachte man in Europa damals die Hochhaus-Silhouette
von Manhattan, an das Pan Am Building, an dem Walter Gropius beteiligt gewesen
war, an die nüchterne Eleganz der Verwaltungsgebäude von Mies van der Rohe in
Chicago. Wie turbulent es in einem New Yorker Großraumbüro zuging, das beschreibt Billy Wilder schon 1960 in seinem Film „Das
Apartment“, der von einem absolut entnervten Versicherungsangestellten handelt,
der seine Wohnung seinen Chefs zudem regelmäßig als Liebesnest zur Verfügung
stellen muss.
Und
während in der Innenstadt Düsseldorfs das Dreischeibenhaus und kurz darauf der
Tausendfüßler gebaut wurden, entstand mit der Hauptverwaltung der Firma Horten
im Jahr 1960 der erste als Großraumbüro geplante Gebäude Deutschlands. Steht
man am Seestern Nr. 3 und betrachtet Rohdes Ensemble, dann fühlt man sich
angesichts der eleganten Proportionen, der riesigen Flächen aus spiegelndem
Glas in Verbindung mit dem matt schimmernden Stahl und Aluminium und eben auch
wegen der besonderen Lage und Geschichte des Gebäudes an Tativille erinnert,
die perfekte Stadt, die der Regisseur Jacques Tati eigens für seinen Film
Playtime errichten ließ. Ähnlich muss es gewesen sein, als damals mitten auf
dem Feld ein Gebäude entstand, das in seiner Perfektion und Modernität so gar
nicht in die rustikale Umgebung eines Düsseldorfer Vororts passen wollte. Und betrachtet man die geschwungene Auffahrt zu den Parkplätzen auf der Rückseite des Gebäudes, dann fühlt man sich sogar ein kleines Bisschen an die Verbindung Tausendfüßler-Dreischeibenhaus erinnert, zumal das Innere der Hortenzentrale im Bereich des Foyers mit den gleichen Stahlelementen verkleidet ist, wie die Eingangshalle des Dreischeibenhauses.
Heute,
fünfundfünfzig Jahre später, ist Rohdes Hortenzentrale umstanden von
Hochhäusern und Verwaltungsgebäuden (Link) und man fühlt sich dort tatsächlich in
eine modernen, schnelllebige Großstadt versetzt. Vor kurzem wurde das Gebäude zudem
saniert, ganz passend von dem von Rohde gegründeten Büro RKW. Wohin dabei der
von Rhode entworfene Türdrücker gelangt ist, von dem angeblich das Motiv der
Hortenkachel (Link) abgeleitet wurde, bleibt noch herauszufinden.