Anlässlich des runden
Dienstjubiläums des Filmagenten James Bond präsentiert das Museum Folkwang in
Essen seit heute Plakate und Setfotos aus allen fünf Jahrzehnten der
beliebten Serie. Geordnet nach den Themengebieten Architektur, Technik, Gewalt,
Erotik und einem Blick auf Bonds Verkörperung des britischen Gentleman führt
die Ausstellung in die phantasievolle Welt des Secret Sevice und erläutert anhand zahlloser spektakuläre Ausstellungsstücke, wie sich der gesellschaftliche Wandel nicht nur in den Bondfilmen selbst, sondern auch in den entsprechenden Plakaten manifestiert. Beim Betrachten der
unzähligen, teilweise riesigen Filmplakate erlebt man das James-Bond-Universum
aus einer ganz neuen Perspektive. All die Details, die üblicherweise auf zwei
Stunden Filmvergnügen verteilt sind, gruppieren sich auf den Grafiken zu in
einer einzigen Bildkomposition und schaffen überbordende Konglomerate aus
schmalhüftigen Girls in Glitzerbikinis, exotischen Hotspots, unterirdischen
Playboyparadiesen, Hubschraubern, Harpunen, Raketen, Raumstationen,
Laserstrahlen, Neonfarben etc. Das gesamte Arsenal in voller Gleichzeitigkeit.
Daß mir die Ausstellung
gefallen würde, war mir schon vor meiner Fahrt zur Vernissage am gestrigen Abend klar, und so blickte
ich der Eröffnung voller Vorfreude entgegen. Um alles richtig zu machen,
fragte ich vorher bei der Pressestelle des Museums an, ob ich über das Event auf
meinem Blog berichten darf und bekam ein Placet. Mir war zu diesem Zeitpunkt
noch nicht bewusst, daß es sich bei der Bond-Ausstellung tatsächlich um die
bestbewachte Veranstaltung des Jahres handeln sollte, wobei es doch eigentlich gerade
in diesem Kontext abzusehen war.
Daß mir sofort das
Fotografieren der Ausstellungssituation verboten wurde, gerade in dem Moment,
als ich meinen Fotoapparat von einer Jackentasche in die andere steckte, konnte
ich noch mit einem gewissen Wohlwollen dem diensthabenden Aufsichtspersonal
gegenüber akzeptieren. Auch, daß ich kurz darauf sehr konsequent darauf
hingewiesen wurde, mit dem Gesicht nicht zu nahe an die allesamt unter Glas
gerahmten Filmplakate heranzugehen, sah ich mit einem gewissen Humor. Geduldig
erklärte ich dem Sicherheitsmann, daß man etwaige Nasenabdrücke mit einem
Microfasertuch leicht von den Glasscheiben entfernen könne. Den gebührenden
Abstand von jeweils fünfzig Zentimetern einhaltend fuhr ich also damit fort,
mir die die riesige Sammlung anzuschauen. Unter den ausgestellten Postern befand
sich sogar das Plakat zu „Funeral in Berlin“, einem Film aus der
Harry-Palmer-Reihe, den Bond-Regisseur Guy Hamilton im Jahr 1966 gedreht hatte
und der das beinahe noch coolere Gegenmodell zum immer elegant-glamourösen Bond
darstellt (Link).
Dann aber trat der der
dritte Herr vom Abwehrpersonal an mich heran und bevor er etwas sagen konnte,
versicherte ich, daß ich weder fotografierte noch den Bildern zu nahe komme.
Nein, beschwichtigte er mich, es ginge um etwas ganz anderes, und zwar stand
diesmal meine Jacke im Fokus. Meine Jacke trug ich über meinen linken Unterarm
gehängt und darin lag das Problem. Ich solle sie entweder anziehen, um die
Hüften binden oder an der Garderobe abgeben. Im weiteren Verlauf des Gesprächs
erfuhr ich, daß im letzten Jahr jemand, der genau wie ich seine Jacke über dem
Arm trug, auf diese Weise ein Bild von der Wand gerissen habe. Ich
beglückwünschte den jungen Mann daraufhin, daß es doch durchaus für die
dargebotene Kunst spreche, wenn die Besucher vor Extase die Ausstellungsstücke
von den Wänden reißen. Und ich wollte genau wissen, wie ich mir denn nun meinen
grauen Anorak um die Hüften binden sollte. Gerade an der Hüfte trage das doch sehr
auf, meinte ich, und fragte mich insgeheim, ob Roger Moore sich nach einer Dame
umdrehen würde, die eine voluminöse Jacke um den Bauch gebunden hat. Kaum hatte
ich mich besonnen, kam der selbe Mensch mit dem selben Anliegen schon wieder
aus seiner Ecke geschossen: „Ich HATTE Sie darauf hingewiesen!“.
Berufsethos
und Pflichtbewusstsein sind Tugenden, die ich sehr bewundere, und so gab ich
ordnungsgemäß das gefahrbringende Kleidungsstück an der Garderobe ab. Als ich
den Ausstellungsraum mit einem lachenden „Ich trage keine Waffen am Körper“
wieder betreten wollte, wurde mir der Zutritt verwehrt. Ich hatte kein Bändchen
am Handgelenk. „Nein, ohne Bändchen kommen Sie hier nicht rein“. „Ich war da
jetzt schon über eine Stunde drin und der junge Mann da, hinter Ihnen, hat
gerade großen Wert darauf gelegt, daß ich meine Jacke abgebe“, erklärte ich und
genau jener Sicherheitsmensch eilte strahlend hinzu. „Sie kennen mich doch“,
erklärte ich, und er: „ICH lasse Sie hier bestimmt nicht rein“. Die beiden
hatten einen riesigen Spaß an der Situation, grinsten sich freudig erregt über
ihren Triumph an und ihre Gesichter glänzten schier vor Begeisterung. Und sie blieben dabei, mich nicht noch einmal in die Ausstellung zu lassen.
Ach ja,
eines erläuterte man mir noch: es handele sich bei den Exponaten ausschließlich
um Stücke aus Privatbesitz, das mache sie ganz besonders wertvoll. Für
jemanden, der wie ich „selten“ zu Kunstausstellungen geht, eine durchaus hilfreiche Belehrung.
Vielleicht werde ich daraufhin die Grafiken und Setfotos, die sich in meinem
eigenen Privatbesitz befinden, in Zukunft aus noch größerer Nähe betrachten.
Einen Nasenabdruck bekommen aber nur meine Katzenfotos. Ich lobte die Performance
der Sicherheitskräfte (im Zeitalter vor Performancekünstlern wie Tino Sehgal
weiß man ja nie) und fuhr wieder nach Hause, zurück nach Düsseldorf.
In der Straßenbahn schenkten
mir zwei siebzehnjährige Jungs Freikarten für eine Disko namens Beate und
versicherten mir, daß ich DA auf jeden Fall reinkomme. Das beruhigte mich
irgendwie.