Dschungel-grün anstatt weiß-silbern: Das ehemalige Space Center |
Vor
kurzem hatte ich die Möglichkeit, mir einmal Gedanken über das mir bis dahin
unbekannte Terrain der Freizeitpark-Architektur zu machen. Wer sich für Las
Vegas begeistern kann (Link), für den ist auch ein bereits im Jahr 1967
gegründeter Freizeitpark von Interesse - das Phantasialand bei Brühl.
Von
modernen Freizeitparks und Weltausstellungen erwartet man zwei Grundelemente:
eine Einschienenbahn und eine geodätische Kuppel. Sowohl Bahn als auch Kuppel
bildeten bis vor wenigen Jahren im Phantasialand eine Einheit und der Anblick des
Phantasialand Jets, dessen stromlinienförmige Waggons an der goldenen Kuppel
des Galaxy-Flugsimulators vorbeiglitten, muss tatsächlich einen Hauch von
Seattle und Montreal gehabt haben. Bei dem Brühler Jet aus dem Jahr 1972 handelte
es sich jedoch nicht um eine echte Alweg Bahn, wie die Nähe zu Köln vermuten
lässt. Dort nämlich hatte die Firma Alweg (Link) in der Fühlinger Heide bereits im
Jahr 1950 mit der Entwicklung einer Einschienenbahn begonnen, die 1959 ins
Disneyland nach Los Angeles und 1962 anlässlich der Weltausstellung auch nach
Seattle exportiert wurde. Von der Alweg Teststrecke ist in Köln leider nichts
mehr erhalten, genau so wie vom Phantasialand Jet, der in Wirklichkeit vom Achterbahn-Experten
Schwarzkopf stammt (Link).
Zum Glück nur umgebaut und nicht abgerissen: die geodätische Kuppel des Flugsimulators "Galaxy Quest" |
In der Kommandozentrale des Space Centers: Lianen statt Laser |
Generell
scheint sich die Phantasie der Parkbesucher nicht mehr so sehr auf das
Futuristische und den Weltraum zu beziehen. Wie überall auf der Welt sind eben
auch in Brühl gerade Zwerge und Zauberer en Vogue und man besinnt sich auf ein
phantasymäßiges Märchen- und Sagenreich zurück. Von Las Vegas wissen wir, dass
Vergnügungsarchitektur nie von Bestand und immer akut von den Moden und Launen
des Publikums bedroht ist. Wo sich der Abriss noch nicht lohnt, besteht in der
Tarnung noch eine weitere Möglichkeit.
Wie
in Las Vegas war ich im Phantasialand fest davon überzeugt, dass es irgendwo
noch etwas Älteres geben musste, als das ganz frisch angelegte künstliche Cancun,
das den Rahmen für eine neue Wildwasserbahn bot. Im hinteren Teil des Parks
wurde ich tatsächlich fündig und war etwas erstaunt über ein riesiges, braun
angestrichenes Stahlgebäude, dessen bizarre, futuristische Form so gar nicht zu
den daran befestigten Vikinger-Dekoartikeln passen wollte. Im Innern der Halle
befand sich eine Dunkel-Achtebahn und ich wurde hellhörig, als in der Schlange ein
Vater zu seinem Sohn sagte, das sei hier alles ursprünglich einmal silbern angestrichen
gewesen. Der jetzige „Temple of the Night Hawk“ war 1988 also als „Space
Center” gebaut worden, und wie unglaublich futuristisch das damals war, kann
man sich hier anschauen: Link
Flugbahnen werden hier nicht mehr berechnet: die Fassade des ehemaligen Space Centers gibt sich betont heimelig. |
Das
ehemals strahlend weiße, stählerne Weltraumzentrum, das wie die bereits
erwähnte Einschienenbahn ebenfalls sein Vorbild bei Walt Disney in Anaheim, Los
Angeles hatte (Link), wurde schließlich der Zwergenwelt „Wuze Town“ angepasst
und mit allen möglichen Baumaterialien im wahrsten Sinne des Wortes verkleidet.
Das
Space-Age ist in der Phantasie der Allgemeinheit und somit auch im Freizeitpark
längst einer idealisierten Vergangenheit gewichen. Und zu noch einem Schluss
bin ich gekommen: der Modernist fährt nicht Cabrio, wie ich bisher geglaubt
hatte. Der Modernist fährt Achterbahn, denn auf keine andere Weise bewegt sich
der menschliche Körper in Hochgeschwindigkeit und in so vollkommener Eleganz
durch Zeit und Raum.
Und dann lernte sie in der Geisterbahn auch noch einen Herrn kennen. Wo auch sonst. |