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Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.

Samstag, 22. September 2012

Charles Wilp Space in Witten - Eröffnung des Museums zu Charles Wilps 80. Geburtstag mit der Ausstellung "Orbital Elements"

Premiere meines Kurzfilms "ellipsoid epidodes" im Rahmen der Museumseröffnung

 

Futuro, Charles Wilp, Julia Zinnbauer
Die Crew bei der Eröffnung des Museums Charles Wilp Space vor dem Futuro von Matti Suuronen: Alwina Heinz als tanzendes Fransentier (links), ich selbst als aus dem All heimgekehrte Astronautin und Filmemacherin (Mitte) und Axel Schrooten als Astronaut










 
Charles Wilp wäre begeistert gewesen angesichts der spektakulären Feier, mit der am 15. September 2012, pünktlich zum achtzigsten Geburtstag des Fotografen und Allroundkünstlers, das ganz seiner Space-Art gewidmete Museum in seiner Heimatstadt Witten eröffnet wurde. Der Witwe des Werbe- und Weltraumpioniers, Frau Ingrid Schmidt-Winkeler, war es gelungen, die luftige Halle eines Pumpenhauses an der Ruhr in einen imposanten Ausstellungsraum zu verwandeln, der mit seinem Flair ganz dem Geist des technikorientierten Künstlers entspricht. Zudem hatte Sie zusammen mit dem von ihr gegründeten Verein „Charles Wilp Modul“ eigens ein Futuro organisiert, eines der Ufo-Gebäude des finnischen Architekten Matti Suuronen aus den späten Sechzigerjahren. Und auch ich hatte Charles Wilps Geburtstag lange Zeit entgegengefiebert, sollte mein Weltraumfilm „ellipsoid episodes“ (Link), den ich vor Ort gedreht hatte, im Rahrem der Eröffnung des Charles-Wilp-Space genannten Museums seine Premiere haben.

Auf Beton projiziert - schöner und passender hätte man meinen Kurzfilm definitiv nicht präsentieren können.


Der im Jahr 2005 verstorbene Charles Wilp ist heute nach wie vor durch seine in den Sechzigerjahren revolutionären Bildideen bekannt, vor allem durch die Werbung für das ultimativ berauschende, alkoholfreie Erfrischungsgetränk namens Afri-Cola. Neben der Werbung war Wilps zweite Leidenschaft der Weltraum und alles was damit in Verbindung stand. Tatsächlich stammt auch die Idee zu Wilps weltbekannter Afri-Cola-Werbung aus dem Luft-und Raumfahrt-Kontext. Bei einem Besuch des Marshall Raumfahrtzentrum in Huntsville lächelten Wilp in einer Werkshalle durch die vereisten Scheiben der Umzugskabinen die Fotos von Pin-up-Girls entgegen und die Basis für die gesamte euphorisierende Kampagne war gelegt.

Artronaut ist die wohl treffendste Bezeichnung für Charles Wilp, der schließlich, um nicht mehr nur von der Schwerelosigkeit zu träumen sondern tatsächlich der Gravitation zu entfliehen, eine Ausbildung bei der NASA absolvierte und an diversen Flügen teilnahm. Lange bevor Wilp selbst sich in den Orbit begab, installierte er ein Ufo auf der Dachterrasse seines Hauses in Düsseldorf Wittlaer, d.h. ein Futuro des finnischen Architekten Matti Suuronen.
Andy Warhol war in der ufoförmigen Fiberglaskapsel gerne zu Besuch, genauso wie Playboy-Redakteure, Werbeleute und das gesamte Who is Who des Space Ages. Die Stadt Düsseldorf, die bis heute nicht im Space Age angekommen ist, ordnete schließlich an, daß ein Ufo nicht ins Stadtbild passe und entfernt werden müsse. Somit ist durchaus nachzuvollziehen, daß sich Charles Wilp in der Folgezeit lieber in amerikanischen Raumstationen aufhielt als in der rustikalen Glitzermetropole am Rhein.





Auf die Geschichte aufmerksam wurde ich, als ich vor zwei Jahren feststellte, daß sich eines der wenigen Exemplare des Futuros in Witten befindet. Ein weiteres Exemplar hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits in Los Angeles entdeckt, und zwar unterhalb von John Lautners Chemosphere in der Nähe des Mulholland Drives. Das wittener Futuro war, wie ich damals erfuhr, von dem Verein an die Ruhr transportiert worden, der sich auf die Iniziative von Charles Wilps Witwe Ingrid Schmidt-Winkeler gegründet hatte. Eines sonnigen Samstagnachmittags im August 2010 befand ich mich dann tatsächlich in der damals noch orange ausgekleideten Fiberglaskapsel des Futuros in Witten. Das warmgoldene Sonnenlicht, das durch die elliptischen  Fenster fiel, intensivierte das leuchtende Orange noch mehr und es herrschte eine strahlende Atmosphäre der totale Geborgenheit. Hier wollte ich nie wieder weg. Ich saß in dem vollkommenen Rund des Ufos und war der Meinung, nie zuvor eine ähnliche Harmonie erlebt zu haben.

 
 
Hinter den Protagonisten: Yves Klein
In der Folgezeit war der Gedanke an das orangefarbene Paralleluniversum des Wittener Futuros mein ständiger Begleiter und bald keimten die ersten Ideen zu Kostümen für einen Weltraumfilm. Mit meinen Entwürfen im Gepäck sprach ich schließlich im letzten Spätsommer bei Frau Schmidt-Winkeler vor und machte sie mit meiner Idee vertraut, in ihrem Wilp-Futuro einen Weltraumfilm zu drehen. Begeistert von ihrer Zustimmung entstanden in  den nächsten Monaten die Kostüme für das geplante Weltraumabenteuer und im Juni 2012 begann dann der Dreh von „ellipsoid episodes“ an Originalschauplätzen in der totalen Schwerelosigkeit.



Den fertigen Film nun im Rahmen des Charles-Wilp-Spaces zu sehen, als Parallelprojektion auf einer rohen Betonschräge, war ein ganz unglaubliches Erlebnis. Und darüber hinaus von einem Wegbegleiter Wilps zu hören, der bereits in den Sechzigerjahren zusammen mit ihm gedreht hatte, daß „ellipsoid episodes“ Wilp gefallen hätte, rundete die Präsentation zudem ab.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei Alwina Heinz, die bei der Eröffnung des Museums so phantastisch den Fransenmann gespielt hat und Axel Schrooten, der bereits im Film und nun erneut wieder als hellblauer Spacecaptain im Einsatz war. Dem Verein Charles-Wilp-Modul wünsche ich für die Zukunft alles Gute.



Zu dem in den Ruhr Nachrichten erschienenen Artikel von Martin Schreckenschläger geht es hier entlang: Link

(Fotos 5, 6, 11, 12 von Markus Lutter. Vielen Dank!)