MODE KUNST ARCHITEKTUR

Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.

Freitag, 8. Februar 2013

Düsseldorf, Berlin und das Ideal der Autogerechten Stadt. Zwei Metropolen im Vergleich.

 
 
 
Auf dem Kreisel

In Düsseldorf verabschiedet man sich schon seit einer ganzen Weile von der Idee der Autogerechten Stadt der Nachkriegszeit und hat beschlossen, gegen den Protest des Bundes Deutscher Architekten und einer langen Liste düsseldorfer Bürger den Tausendfüßler abzureißen (Link). Die elegante Hochstraße, die seit den frühen Sechzigerjahren den Verkehr durch die Innenstadt leitet und zudem das Vergnügen bereitet, für einen Moment die Stadt und den Hofgarten von oben zu sehen, wird bald durch einen Tunnel ersetzt sein. Anstatt Dynamik, Schwung und Funktionalität gibt es dann eine Fußgängerzone und ein plumpes Einkaufszentrum, für das bereits jetzt ein schwäbischer Oberbekleidungshändler gewonnen werden konnte. Tschüss Moderne, tschüss Modemetropole. 

Als ich in den Neunziger- und frühen Zweitausenderjahren die ersten Male in Berlin war, kam mir die Gegend um den Bahnhof Zoo und den Ernst Reuter Platz immer ganz merkwürdig modern und gleichzeitig altmodisch vor, großstädtisch, spektakulär, dynamisch und vergammelt. So intensiv wie heute hatte ich mich damals noch lange nicht mit der Architektur der Fünfziger- und Sechzigerjahre beschäftigt, war aber mit Filmen aus dieser Zeit aufgewachsen und dementsprechend schwer beeindruckt von der Gegend.

Um den Bahnhof Zoo herum hat sich seit den Neunzigerjahren viel verändert, es wurde abgerissen und neu gebaut wie überall und zur Zeit verwandelt man die Gebäude um den Breitscheid Platz in ein weiters Wohlfühl-Areal. Abgeleitet von Paul Schwebes’ Bikini-Haus aus den Jahren 1955 - 57 wirbt man nun unter der Marke „Bikini Berlin“ für einen „Lebensraum als Erlebnisraum“. (Wenn ich groß bin, möchte ich auch mal in einer PR-Agentur arbeiten und mir solche Slogans ausdenken.)

Die Idee der Autogerechten Stadt funktioniert in Berlin allerdings noch immer. Unweit des  Bahnhofs Zoo breitet sich der Ernst-Reuter-Platz aus, ein riesiger Kreisel, der scheinbar den gesamten Verkehr der Großstadt regelt und, umstanden von Hochhäusern und Universitätsgebäuden, der Inbegriff von Urbanität und Dynamik darstellt. Als Drehort eignet sich Platz natürlich optimal, wo sonst kann man einfach das Lenkrad ein wenig einschlagen und in einem riesigen Schwung das modern-coole Feeling der Großstadt einfangen, mit einem wechselnden Rhythmus von Gebäuden im Vorder- und Hintergrund. In Düsseldorf vielleicht noch, aber bald wird ja alles unter die Erde verlegt.

Nachtrag: Wie ich gerade erfahren habe, soll der Ernst-Reuter-Platz 2020 im Rahmen der nächsten IBA in den Fokus genommen werden. Man denkt über eine Fußgängerzone nach.