MODE KUNST ARCHITEKTUR

Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.

Donnerstag, 16. August 2012

Die düsseldorfer Modewoche in totaler Authentizität

Passageweise passiert in Düsseldorf überhaupt nichts. Wenn dann aber wieder jemand mit einer goldenen Pistole einen Startschuß abfeuert, dann werden schnell die roten Teppiche ausgerollt, man legt etwas Selbstbräuner auf und gibt sich einen kleinen Schubs um auch möglichst keine der Veranstaltung zu verpassen. Dann herrscht in der Glitzermetropole plötzlich wieder die totale Gleichzeitigkeit der Ereignisse und man verteilt am besten direkt all seine Bewusstseinsebenen auf alle Events der Stadt.
      Am Montag, dem dritten Tag der düsseldorfer Modewoche, musste ich mir schon einen etwas größeren Ruck geben, war ich doch in der Nacht zuvor die gesamten fünf Kilometer von der Ulmer Höh’ bzw. der Gerry Weber Jailhouse Night bei strömendem Regen nach Hause gelaufen. Entschädigt wurde ich nun aber direkt vor meiner Haustür mit einer ganz besonders schönen Form des düsseldorfer Streetstyles: dem Schützenumzug.

Ausgangspunkt vieler meiner Expeditionen ist die von Wolfgang Döring entworfene U-Bahnhaltestelle Oberbilk. Hat man sich erst einmal ein paar Minuten lang dem harmonischen Miteinander von Linien und Flächen gewidmet, kann man sich gestärkt mit allen anderen Formen der optischen Darbietung auseinandersetzten.
Am besagten Modemontag machte ich mich zunächst auf den Weg zur Ordermesse Premium im düsseldorfer Hafen. Dort stellte ich fest, daß im Rahmen der Modewoche auch die Showrooms im sogenannten Sternhochhaus geöffnet waren, was direkt meinen Puls etwas schneller werden ließ.
Die Premium in den Hammer Hallen im düsseldorfer Hafen
Textile Opulenz bei Glaw
Fährt man von der Innenstadt in Richtung Messegelände, so markiert das Sternhochhaus mit seinen achtzehn Stockwerken den Abschnitt der Kaiserswerther Straße, in dem sich die Showrooms unzähliger Modelabels befinden. Der Name „Sternhochhaus“ bezieht sich auf den Grundriß des Gebäudes, der aus drei aneinandergestellten Sechsecken besteht. Demnächst werde ich noch einmal einen eigenen Bericht über das von HPP entworfene und in den Jahren 1968 bis 72 entstandene Hochhaus verfassen, ist es doch ein ganz typischer Vertreter der Gebäude dieser Zeit, die einen Grundriß aus fünf- oder sechseckigen Elementen aufweisen, wie beispielweise das Rank-Xerox -Gebäude des selben Architekturbüros.

Als Gegensatz zu der majestätischen Strenge des Betonhochhauses bot die Königsallee, der nächste Punkt auf meiner Liste, wie immer ein Übermaß glitzernden Lokalkolorits. Da man sich in Düsseldorf gar nicht erst verabreden muß und trotzdem stets alle überall trifft, begegnete ich auf der Königsallee natürlich Luca Bazzanella und Justus Toussis, den beiden It-Boys, die trotz Modemarathon, New Faces Award und Jailhouse Night schon wieder im Shoppingfieber waren. Zusammen besuchten wir die Eröffnung des Tumi-Taschen-Stores in der frisch vergoldeten Kö-Galerie.
Während sich TV-Moderator Marco Schreyl direkt neben mir von einer Verkaufsberaterin erklären ließ, daß es den Rollkoffer, den er gerade mit großem Interesse begutachtete, auch in schwarz gebe, wurden apetitliche Häppchen auf Schieferplatten herumgereicht und Designer und GNTM-Juror Thomas Rath nebst Ehemann fielen Evelyn Hammerström, der Besitzerin des Bekleidungshauses Jades, auf dem roten Teppich in die Arme, als hätten sie sich seit Monaten nicht gesehen. Hach, dachte ich wie immer, das ist eben Düsseldorf, wie soll ich mich hier losreißen und ins unterkühlte Berlin ziehen?
Davon abgesehen kann man sich, wenn man schon gerade auf der Kö ist, auch noch ein bisschen mehr Glitzer abholen und sich die Lichtsäule von Günther Uecker anschauen.
Als ich abends wieder in meiner Heimathaltestelle ankam, hatte sich dort allerdings Schlimmes ereignet: in die strenge Lineatur der Deckenpaneele hatte sich ein lila-glitzernder Gasballon verirrt, den offensichtlich ein Kind auf dem nahen Schützenfest geschenkt bekommen und direkt wieder verloren hatte.