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Mittwoch, 17. August 2016

Schwarzes Leder trifft auf Gold und Champagner: Mein Bericht über die Königsallee ist im Magazin Style Guide erschienen


Das Magazin Style Guide (Link), das aus der traditionsreichen Zeitschrift "Bau auf" (später "Das Schaufenster") hervorgegnagen ist, berichtet seit mehr als sechzig Jahren über Retaildesign. Dass mein Bericht über die Königsallee und die Geschichte des Kö-Centrs in der Juli/August-Ausgabe des Style Guides erschienen ist, freut mich sehr. Darin geht es u.a. um die Umgestaltung des dem Gebäudeensemble vorgelagerten ehmaligen Eickhoff-Pavillons durch den amerikanischen Architekten Peter Marino:




























Schwarzes Leder trifft auf Gold und Champagner: Der Amerikanische Architekt Peter Marino gestaltet für Dior den Pavillon des Kö-Centers in Düsseldorf um

Wie ein silbrig schimmerndes Symbol für den Aufstieg Düsseldorfs zur Modemetropole nach dem Zweiten Weltkrieg überragen die Gebäude des Kö-Centers bis heute das elegant-opulente Geschehen, das sich tagtäglich auf der Flaniermeile der Königsallee ereignet. Während die Prachtstraße ihr Gesicht seit einigen Jahren zunehmend verändert, verleiht ihr das Kö-Center Bestand durch seine Geschichte und seine strenge, klare Architektur. Nachdem das traditionsreiche Modeunternehmen Eickhoff über Dekaden hinweg den Pavillon des Architekturensembles aus den Sechzigerjahren bespielt hatte, begann dort vor kurzem jedoch ebenfalls eine neue Ära: nach den Entwürfen des amerikanischen Architekten Peter Marino entstand dort eine neue Dior-Niederlassung.

Düsseldorf auf dem Weg zur Modemetropole
Die Geschichte der Königsallee selbst reicht weit zurück zum Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Stadt gezwungen war, ihre Festungsmauern abzubauen. Anstelle der Mauern legte man einen Stadtgraben an, den heutigen Kö-Graben. Zu dieser Zeit begründete Düsseldorf auch seinen Ruf als Messe- und Modestadt, indem man für einen Besuch Napoleons eine erste Gewerbeschau organisierte.

Etwa einhundertfünfzig Jahre später war es wieder eine Zeit des Umbruchs, als in der optimistischen Stimmung der Nachkriegszeit die gesamte Stadt modernisiert wurde und sowohl die Mode als auch die Architektur wieder auflebten. Die „Interessengemeinschaft Damenoberbekleidung“ (IGEDO) veranstaltete 1949 die erste Straßenmodenschau auf der Königsallee und im gleichen Jahr auch eine erste Modemesse. In Düsseldorf entstanden breite Durchfahrtsstraßen, neue Wohngebiete und Büroviertel wurden angelegt, wie das Am Seestern, und mit dem Tausendfüßler überspannte das Stadtzentrum neuerdings eine elegante Hochstraße, die den Verkehr an der stählernen und gläsernen Fläche des Dreischeibenhauses und an den Schwüngen des neuen Schauspielhauses vorbeiführte. In diesem Zusammenhang entstand auch das Kö-Center.

In ganz Deutschland orientierte man sich nun im Bereich der Architektur an Amerika und man baute breite, flache Bungalows und Hochhäuser im International Style. In Düsseldorf übernahm man gleich mehrere absolut innovative Ideen aus dem Kontinent jenseits des Atlantiks. So entstand 1961 mit der Hortenzentrale von Helmut Rhode das erste Gebäude des frisch angelegten Büroviertels Am Seestern und damit das erste Großraumbüro Deutschlands. Das Kö-Center auf der namensgebenden Prachtallee ist wiederum ein ganz frühes Beispiel für ein Einkaufszentrum nach Amerikanischem Vorbild und wurde 1967 eröffnet. In seinen klaren, rechtwinkligen Formen und mit seiner matt schimmernden Aluminiumfassade besteht das Kö-Center aus einem Ensemble verschiedener Geschäfte, einer legendären Disco und einem Hochhaus, das mit der Inschrift „Aluminium-Zentrale“ gekrönt ist.

Eickhoff im Kö-Center
In dem transparenten, dem Hochhaus vorgelagerten Pavillon befand sich bis vor etwa zwei Jahren noch das Ladenlokal der Firma Eickhoff, das zusammen mit dem des Uhrenhändlers Blome für den traditionsreichen Luxus der Königsallee stand. Nachdem er seit 1961 seinen Modesalon in Lippstadt betrieben hatte, eröffnete Albert Eickhoff im Jahr 1981 eine Boutique auf der Königsallee und zog kurz darauf zu Blome ins Kö-Center, der dort heute noch nach wie vor seine Werkstatt und seinen Laden betreibt. Eickhoff hatte bereits in Lippstadt Entwürfe von Prada, Gucci und Chloé verkauft und wurde nicht zuletzt dadurch bekannt, Gianni Versace zu entdecken und als erster dessen Kollektionen in Deutschland zu verkaufen. Im Jahr 2014 dann ging die Ära Eickhoff auf der Kö zu Ende und der damals 79jährige zog sich ins Privatleben zurück. Dass Dior nun die beiden Etagen des Pavillons gemietet habe, erzählte man sich in der Stadt, und die ehemals opulent gefüllten Schaufenster wurden großflächig mit Folien zugeklebt.

Peter Marino - Der Ex-Warhol-Partyboy in schwarzem Leder
Als der Amerikanische Architekt Peter Marino schließlich den Auftrag zur Neugestaltung des Ladens erhielt, betrat er damit nicht unbedingt Neuland. Mit dem International Style bzw. dem coolen Look der Nachkriegsmoderne ist Marino bestens vertraut, arbeitete er doch zu Beginn seiner Karriere bei Skidmore, Owings and Merrill und dem Designer und Architekten George Nelson. Auch das Thema Mode ist für Marino mehr als nur ein theoretischer Begriff. Seit langem ist der heute Siebenundsechzigjährige mit einer Kostümdesignerin verheiratet und hat sich schließlich darauf spezialisiert, luxuriöse Modegeschäfte in der ganzen Welt auszustatten. Zu seinen Kunden zählen Chanel, Fendi und Louis Vuitton, deren Läden er zwischen Beverly Hills und Japan mit Kunst und Design versorgt.

Kunst spielt in Marinos Leben eine besondere Rolle, bestand doch sein allererster Auftrag im Jahr 1970 darin, Andy Warhols Wohnhaus in New York umzugestalten. Seitdem ist er der Kunst treu geblieben, er sammelt Cy Twombly, Anselm Kiefer und Richard Deacon und auch seine innenarchitektonischen Entwürfe beinhalten stets die verschiedensten Kunstwerke. Der "Ex-Warhol-Partyboy", wie ihn die New York Times tituliert, bekennt sich auch dadurch zur Mode, indem er optisch in keinster Weise dem Bild eines typischen Architekten entspricht, der nüchterne Zweckbauten entwirft, wie anfangs bei Skidmore, Owings and Merrill. Peter Marino legt großen Wert darauf, sich in schwarzem Leder vor großformatiger Kunst oder mindestens genau so großen schwarzen Motorrädern ablichten zu lassen. Aber auch über dieses demonstrative Bekenntnis zu Körperkult und knapp sitzendem Leder hinaus pflegt Marino eine absolut ernsthafte Auseinandersetzung mit Materialien, Formen und Oberflächen im Grenzbereich zwischen Architektur und Mode. In Interviews schwärmt er von der "tactile nature of architecture" und davon, dass man Stein und Stoff anfassen muss, um sie in ihrer Gesamtheit und in ihrem Verhältnis zueinander verstehen zu können. Zudem betreibt Marino seit Langem eine groß angelegte Stoffsamlung in seinem Architekturbüros.
Dior eröffnet auf der Königsallee
Was wurde jedoch in der Zwischenzeit aus der Dior-Niederlassung in Düsseldorf? Über Monate hinweg war es unklar, wann die Filiale eröffnet werden sollte. Die Folien wurden von den Fenstern gelöst und kurz darauf wieder angebracht. Wenn man in den Abendstunden die Königsallee entlang schlenderte, dann sah man über eine lange Zeit hinweg einen Trupp Italienischer Handwerker im Laden hantieren. In den Pressemitteilungen der Stadt Düsseldorf war schließlich die Rede von Verzögerungen aufgrund von Brandschutzbestimmungen. Die Pressestelle von Peter Marino selbst konnte oder wollte keine Aussage zum Eröffnungstermin machen und dann erfuhr ich schließlich an einem Tag im Juni des vergangenen Jahres via Facebook, dass an diesem Abend noch die Eröffnung stattfinden sollte. Neugierig machte ich mich also an einem regenreichen Freitagabend auf dem Weg zur Königsallee. Aber anstatt von streng dreinblickenden Sicherheitsleuten, die darauf achteten, dass nur das prominente Glitzerpersonal über den roten Teppich in den Laden huschen durfte, empfing mich eine einsam im Nieselregen daliegende Einkaufsstraße. Hatte ich alles verpasst? Nur die Italienischen Handwerker waren wie immer unterwegs und zeigten sich im Begriff, in ihren adretten roten Pullovern ihren Dienst anzutreten. Das also war zumindest für mich die eigentliche Einweihungsfeier: sich mit den Herren aus Mailand und Neapel auf Italienisch über das Gebäude zu unterhalten und ihnen zu versprechen, auf jeden Fall einen Bericht über ihren Einsatz zu verfassen. "Noi siamo gli artisti", meinte Gianni, ein Herr in Blau, und es wurden Smartphones gezückt, gelacht, ich wurde dem Chef als "una giornalista" vorgestellt. Dann wurde wieder an die Arbeit gegangen und die Herren in blau und rot verschwanden zwischen Plexiglasplatten und Elementen in weiß und beige in der Dior-Filiale. Dies war nun wirklich eine nette Art und Weise, den Dior-Laden beim interessierten Publikum einzuführen und viel authentischer, als eines der üblichen Store Openings. Saluti agli artisti! 

Der im Magazin erschienene Text ist eine überarbeitete Version meines Beitrags hier (Link).