Am letzten Samstag machte ich mich auf den Weg nach Berlin, um zusammen mit Yasemin den 125. Geburtstag von Mies van der Rohe zu feiern, und zwar standesgemäß in Haus Lemke. Bei dem L-förmigen Flachdachbau handelt es sich um das Letzte Wohnhaus, das der Architekt in Deutschland baute, bevor er im Jahr 1938 nach Amerika auswanderte.
Ich hatte mich schon seit Wochen auf das Geburtstags-Picknick gefreut, das mit allerhand "miesen" Wortspielen auf der Baunetz-Seite angekündigt wurde. Es sollte u.a. mies getanzt werden, Miesmuscheln den See schmücken, der an den Garten der Lemkes grenzt, und es sollte ein mieses Ratespiel stattfinden. All dies wurde von den Organisatoren tatsächlich umgesetzt und zusätzlich empfing uns ein ganz phantastischer Sommerabend, als wir den Garten mit unserer Picknick-Ausrüstung betraten. Wir waren wie die Wahnsinnigen mit unseren Fahrrädern durch die Stadt gerast um noch ein paar goldene Sonnenstrahlen auf den Backsteinmauern zu erhaschen und wurden nicht enttäuscht. Überall im Garten hatten Mies' Geburtstagsgäste ihre Picknickdecken ausgebreitet, es knallten die Korken um auf den Meister anzustoßen und getanzt wurde ganz und garnicht mies.
Erst im Laufe des Abends wurde mir bewusst, wie außergewöhnlich es ist, sich auf ein derart großes und sogar an einem See gelegenen Grundstück ein so verhältnismäßig kleines Haus wie dieses zu bauen. Der Grundgedanke liegt meiner Meinung nach darin, die Gartenlandschaft und das Licht vollkommen wirken zu lassen und durch nichts zu stören. Das gesamte Haus ist nach dem See und dem riesigen Baum ausgerichtet, der vielleicht schon vor 80 Jahren eine gewisse Größe hatte, und um den (auch hier) immer wieder erwähnten fließenden Übergang zwischen innen und außen zu erreichen, besteht die gesamte Gartenseite von Haus Lemke aus einer Fensterfront. Und tatsächlich herrschte auf dem gesamten Areal diese ganz besondere Atmosphäre, die dann entsteht, wenn man genau weiß, daß der Erbauer eines Hauses dessen Formen und Materialien perfekt in die Landschaft, den Geruch der Pflanzen und den Einfall des Sonnenlichts eingepasst hat.