Traditionell begebe ich mich an meinem Geburtstag auf eine Wallfahrt um mir ein wenig Kulturgut anzuschauen. So bestand letztes Jahr mein Ziel im Barcelona-Pavillon, aber auch „The Tempest“ in Stratford upon Avon und der „Tristan“ in Bayreuth standen schon auf dem Plan. Da ich für den Abend noch einen kleinen Umtrunk über den Dächern der Stadt plante, wählte ich für den letzten Donnerstag ein Ziel in der näheren Umgebung aus, das dennoch meinen Ansprüchen an futuristisches Design genüge tun sollte.
Ich hätte Euch an dieser Stelle gerne einen bunten Bildbericht über die städtebauliche Situation und den aktuellen Zustand des Keramions in Frechen geliefert, einem scheibenförmigen Gebäude, das ganz deutlich einer Zeit der totalen Weltraum-Begeisterung entstammt und im Jahr 1970 von dem kölner Architekten Peter Neufert und dem Ingenieur Stefan Polónyi errichtet wurde, und zwar für den Kunstsammler und Vorstand des Keramikunternehmens „Cremer und Breuer“, Gottfried Cremer. Das freundliche Personal des Keramikmuseums machte mir allerdings einen Strich durch die Rechnung. Aber der Reihe nach.
Steigt man am Kölner Neumarkt in die Linie 7, so erreicht man nach einer beinahe halbstündigen Fahrt mit der Straßenbahn das Frechener Industriegebiet, wo man sich vorzugsweise auf den Vertrieb von Baumaterialien, insbesondere von Fliesen spezialisiert hat. Ich war ganz erstaunt, zwischen Garten- und Outletcentern, Tankstellen, Baustoffhandlungen und Autobahnschildern, tatsächlich den Ufo-förmigen Bau Neuferts zu entdecken, machte die Umgebung doch eher den Eindruck, als kämen hier höchstens mal ein paar Fernfahrer vorbei.
Die Damen im Museum waren sich aber durchaus ihrer exquisiten Position bewusst und wollten garnicht auf meine Geburtstags-Gutelaune eingehen. Dies sei ein Museum, belehrte man mich, und man würde mir durchaus eine Karte verkaufen. Ach ich wolle garkeine Postkarte sondern eine Eintrittskarte? Das sei ja etwas anderes. Deutlich merkte man, daß man im Keramion irgendwie nicht so recht auf Publikum eingestellt war, was ja auch verständlich ist, so direkt hinter dem Autobahnschild. Dennoch wollte man das beste aus meinem Besuch machen und erklärte mir, daß hier nur Privataufnahmen erlaubt seien, eine Außenaufnahme des Gebäudes würde 500 Euro kosten. Liebe Leute, soviel hatte nicht mal ich in meinem Portemonnaie, auch wenn ich ja sonst weder Kosten noch Mühen scheue, um Fotos von den architektonischen Hotspots der Welt für meinen Blog zu machen.
So kann ich Euch diesmal nur eine grobe Skizze liefern, zusammen mit einer Beschreibung und der Aufforderung, selbst einmal in Frechen vorbei zu fahren. Ich kann Euch nur erzählen, wie man offensichtlich in den 80erjahren im gesamten Keramion große, weiße, quadratische Fliesen verlegt und damit die Wirkung des Rundbaus zerstört hat; wie man zu dieser Zeit auch Unmengen von Stehleuchten gekauft und exakt so positioniert hat, daß die Sicht auf die elegant geschwungenen Formen der Kuppel immer gestört ist; wie man zwischen den Glaskästen mit den Exponaten Unmengen von Stühlen, Tischen und beigefarbenen Papierkörben arrangiert hat und, um alles zu toppen, den sprichwörtlichen fließenden Übergang zwischen innen und außen, der dem Architekten offensichtlich sehr am Herzen gelegen hat, ad absurdum geführt hat. Die gesamte Rückseite des Gebäudes besteht aus einer Glaswand. Und wie wir es von Richard Neutra kennen, befindet sich dort auch ein längliches Wasserbecken, das sowohl innen als auch außen der Rundung der Scheibe folgt. Der Idee des fließenden Übergangs wurde insofern Rechnung getragen, als beide Teile des Beckens mit grauem Schutt verfüllt und so eine mindestens genauso schöne Verbindung zwischen Innenraum und umliegendem Ackerland geschaffen wurde.
Gottseidank ist das alles ja auch egal, denn die diversen Maßnahmen können recht leicht wieder rückgängig gemacht werden. Und vielleich kommt irgendwann ja auch mal der eine Besucher, der 500 Euro für ein Gruppenbild mit seinen Bunnies hinterm Haus auf den Tisch legt.