MODE KUNST ARCHITEKTUR

Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.

Samstag, 19. Februar 2011

Mies van der Rohe: Inbetriebnahme der Hebefenster in Haus Lange, Krefeld


 
Zur gleichen Zeit, in der Mies van der Rohe am Barcelona Pavillon arbeitete, entwarf er für zwei Seidenfabrikanten aus Krefeld die beiden Stadtvillen Haus Esters und Haus Lange. Abgesehen von der Tatsache, daß es sich hierbei sowieso um Ikonene des modernen Bauens der Zwanzigerjahre handelt, war ich überrascht zu erfahren, daß nicht nur Form und Bauweise der Villen absolut zukunftsweisend waren, sondern daß sich zusätzlich die Scheiben der nach Süden ausgerichteten Fenster von Haus Lange im Boden versenken ließen um den oft beschworenen Übergang zwischen Innen- und Außenraum zu schaffen. (Wir erinnern uns an dieser Stelle beispielsweise an Richard Neutra, der im Wohnzimmer von Haus Pescher in Wuppertal einen hellen Teppichboden verlegen ließ, um eine Verbindung zu den Steinplatten der Terrasse zu schaffen.) In den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs jedoch diente die Technik dazu, möglichst schnell die Fenster von Haus Lange zu versenken um sie vor den hohen Druckwellen zu schützen. Seit 1944 lag allerdings die gesamte Anlage brach und wurde erst kürzlich auf Initiative der Krefelder Baudenkmal Stiftung hin restauriert.
 
Wie vom Geheimdienst gejagt und voller Vorfreude raste ich gestern also mit meinem Fahrrad in richtung Krefeld und quer durch die Metropole der Seidenweberei, um rechtzeitig zur großen Inbetriebhahme der Hebefenster zu kommen. Tatsächlich bewegten sich die großen Fenster so leise und elegant, daß ich zunächst garnicht bemerkte, wie sie nacheinander nach unten gefahren wurden. Dipl. Ing. Klaus Reymann erklärte stolz die Maschinerie, erläuterte, daß der Backstein eine Reminiszenz an den Niederrhein sei und ihm war deutlich die Begeisterung für die Öffnung des Raumes nach außen anzusehen. Die Museumsleute von Haus Lange waren durchaus überrascht von dem hohen Andrang und dem regen Interesse der krefelder Bevölkerung und es herrschte in Mies' Räumen eine unglaubliche Euphorie.