Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.
On July 21th we celebrated the closing of my exhibition STEADY SMILE MOVE at GRÖLLE passprojects Wuppertal with a great cocktail party. There I presented an additional video that documented how Joe Brockerhoff, the legendary airbrush artist from Düsseldorf, had made an incredible portrait of me, especially for the show. His wall paintings are an eminent element of the brothel my video STEADY SMILE MOVE is about.
Der Film „STEADY SMILE MOVE“ handelt von Bert Wollersheims Gestaltung des Interieurs seiner drei ehemaligen Bordellbetriebe auf der Rethelstraße in Düsseldorf, von seinen Überlegungen und Ideen, die dahinter stehen und von der Epoche, die mit dem geplanten Abriss der drei Häuser zu Ende geht. Der ehemalige Zuhälter Wollersheim kommt im Rahmen des Films selbst zu Wort, als kreative Geist, als Künstler, als Unternehmer, als Dandy im Sinne Charles Baudelaires und vor allem als Schöpfer eines Gesamtkunstwerks.
Der Film, der in der gleichnamigen Ausstellung in der Galerie GRÖLLE passprojects in Raum 2 zu sehen ist, wird im Zusammenhang mit einem Environment gezeigt, das aus Artefakten besteht, die allesamt aus den Häusern stammen, in denen das Video gedreht wurde.
Eigens für die Ausstellung hat der Düsseldorfer Künstler Joe Brockerhoff
ein Portrait von Julia Zinnbauer angefertigt. Brockerhoff hat bei Beuys
studiert, war mit Sigmar Polke befreundet und ist der legendärste
Airbrush-Künstler aller Zeiten. Von ihm stammen die Wandarbeiten in den
Räumen, die in STEADY SMILE MOVE die Hauptrolle spielen.
GRÖLLE pass projects Friedrich-Ebert-Straße 143 e 42117 Wuppertal, 7 p. m 22.06.2018 - 22.07.2018 Schwebebahn-Stop: Pestalozzistraße
English version below.
Düsseldorfs
Lage direkt am Rhein bot schon immer die besten Vorraussetzungen für
den Handel und den kulturellen Austausch mit der ganzen Welt. Durch das
Hofhalten von Kurfürst Jan Wellem, durch den Einfluss seiner Frau Anna
Luisa de Medici und auch durch das Entstehen der Kunstakademie
entwickelte sich in der alten Residenzstadt ein kulturelles Klima, in
dem man gerne genießt und gerne Geld ausgiebt - für Mode, für Kunst und
für das Schöne im allgemeinen. Seit Napoleons Besuch im Jahr 1811 ist
Düsseldorf zudem als Messemetropole bekannt, was bis heute zum Reichtum
und zum internationalen Flair der stetig wachsenden Stadt beiträgt. Auf
der Königsallee wird der erwirtschafte Wohlstand schließlich zur Schau
getragen, man flaniert auf und ab und hin und her, und die, die nicht
reich sind, tun wenigstens so. Denn bei aller Bodenständigkeit und
Leutseligkeit der Düsseldorfer gehören die ganz große Show und die
Illusion ebenfalls zum Grundstock und Repertoire der Stadt.
STEADY SMILE MOVE, Filmstill: Bert Wollersheim, Julia Zinnbauer
Während die sprichwörtlichen Milionärsgattinnen unter den alten Kastanien den Kögraben entlangschlendern, fließt ein paar Straßen weiter parallel dazu der Rhein und transportiert den Ruf und die Güter der Stadt in die Welt. Als Pendant zu den großen, öffentlichen Auftritten auf der Königsallee braucht eine Stadt wie Düsseldorf aber auch das Geheime, Verruchte und nicht minder Luxuriöse.
Die
ganz besondere Atmosphäre Düsseldorfs, die sich zwischen Glamour,
Kunst, Geld, Lebenfreude, Mode, Internationalität und Illusion
entspinnt, bot schließlich die idealen Bedingungen für das Entstehen
eines der luxuriösestem Amüsierbetriebe der Welt. Schon in den
20erjahren des 20. Jahrhunderts war auf der Rethelstraße ein sogenannter
Pensionsbetrieb gegründet worden. Im Jahr 1986 übernahm Bert
Wollersheim die drei Häuser und leitete mit der spektakulären
Umgestaltung des gesamten Innenraums eine ganz neue Ära auf der
Rethelstraße ein. Für die Außenwelt lag immer etwas Geheimnisvolles über
diesem ganz bestimmten Abschnitt der Straße. Wie es im Innern des
Amüsierbetriebs tatsächlich aussah, das wusste niemand so ganz genau. Es
entstanden Legenden und Geschichten, die sich um den Gebäudekomplex
rankten, und wirklich sichtbar waren nur Berts riesige
Stertchlimousinen, die Nacht für Nacht durch die Straßen der Stadt
fuhren.
Als
der Betrieb aufgrund von internen Komplikationen vor einigen Jahren
geschlossen wurde, dachte niemand in der Stadt daran, dass dieser
Zustand endgültig sein sollte. Zu sehr gehörten die Erzählungen rund um
die Häuser und ihren Hausherren zum Flair und zur Geschichte der Stadt.
Im März 2016 hörte ich, dass die Gebäude abgerissen werden sollen.
Sofort bemühte ich mich um die Möglichkeit, mir die Gebäude einmal
anschauen zu können und tauchte schließlich ein in eine ganz andere,
geheimnisvolle Welt, die fernab lag von jeglicher Realität.
Gleich
bei meinem ersten Besuch war mir klar, dass es sich bei all dem, wovon
ich mir gerade einen allerersten Eindruck machte, um nicht weniger als
ein in sich abgeschlossenes, perfekt durchgestaltetes Gesamtkunstwerk
handelte. Immer wieder kehrte ich zurück auf die Rethelstraße und wenn
ich einmal nicht in einem der drei Häusern war, dann träumte ich von
ihnen. Ich lief hin und her und hin und her, treppauf, treppab und hin
und her, draußen wurde es Tag, es wurde Nacht, die Jahreszeiten änderten
sich, ich aber bekam von all dem nichts mit. Zwischen mir und der
Außenwelt lagen Rolläden und Vorhänge, die auf immer verschlossen
bleiben sollten. Ich verlief mich in dem Labyrinth aus Zimmern und
Fluren und verlor mich in einem Kaleidoskop aus Spiegeln, deren Facetten
den Raum in die Unendlichkeit vervielfältigten.
Eigens
für die Ausstellung hat konnte ich den Düsseldorfer Künstler Joe
Brockerhoff dafür gewinnen ein Portrait von mir zu sprayen. In den
1980er Jahren fertigte Brockerhoff großflächige, opulente Wandarbeiten
für Bert Wollersheims Bordell auf der Rehtelstraße an.
Lecture Performance im Rahmen der Wuppertaler Kunst- und Museumsnacht 2019
in der Galerie Oktogon
Im Rahmen der Kunst- und Museumsnacht Wuppertal habe ich in der Galerie Oktogon am vergangenen Freitag eine Lecture-Performance durchgeführt, die ganz der Schönheit, der Geschichte und der geheimnisvollen Atmosphäre des achteckigen Pavillons im Klophaus-Park gewidmet ist. Das filigrane, klassizistische Gebäude geht auf Ludwig von Lilienthal zurück. Er war Modewarenhändler, Mäzen, Maler und Dichter.
Dabei las ich einen langen fiktiven Brief vor, den ich an Ludwig von Lilienthal geschrieben hatte, und projizierte dabei ein Video an die Wände des Pavillons, das das Entstehen des Briefs bzw. meine Kalligrafie zeigt.
Lieber Ludwig von Lilienthal,
Anfang Juni, wenn morgens ein hellrosa Flirren über der Stadt liegt und die warmen Luftschichten bewirken, dass alles aussieht, als sei der Blick über die Stadt mit einem grobkörnigen Film aufgenommen worden, wenn die Tage hell und glänzend und die Nächte kurz sind und nach Linden riechen, dann ziehen sich die Kanadagänse im Park ihre großen, dunkel schimmernden Schwanzfedern aus. Zu dieser Zeit sind die Gänsejungen schon recht selbstständig, sodass die schwarz-grau-weißen Eltern sich in Ruhe hinsetzen und sich ihrem Gefieder widmen können. Dann liegen an dem See, an dem ich jeden Morgen vorbeilaufe und von den würdig daherschreitenden Waservögeln begutachtet werde, wie Blüten ausgebreitet die schönsten Federn in unterschiedlichsten Größen und Formen. Hebt man sie auf und fühlt das feste elastische Material, dann erhält man eine Ahnung davon, wie der Mensch das Schreiben entwickelt hat, wie der Schwung der Schrift mit den Schwingen der Vögel und deren geschwungenen Flugbahnen zusammenhängt.
Mit einer dieser Federn schreibe ich Ihnen nun, Herr von Lilienthal. Als Inhaber und Leiter eines modernen, international ausgerichteten Kaufhauses in der Industriemetropole Elberfeld würden Sie mir heute wahrscheinlich eine E-Mail schreiben. Da Sie jedoch als Modewarenhändler, Mäzen, Maler UND Dichter bekannt sind, denke ich, Sie können mir mein romantisierendes Schreibwerkzeug nachsehen. Jemandem, der sich auf einem Berg namens Wolkenburg, auf dem niemals das Bestehen einer tatsächlichen Burg nachgewiesen werden konnte, ein wahrhaftes Märchenschloss gebaut hat, dem darf und sollte man mit der Feder schreiben, auch im Jahr 2018. Denn das verbindet uns beide wahrscheinlich – wir haben beide ein Faible für Mode, Kunst, Literatur und Architektur und sind mithilfe unserer Phantasie in der Lage, zwischen den Jahrhunderten hin und herzuspringen.
Alles, was ich über Sie lese, fasziniert mich und Sie reihen sich ein in meine Entourage außergewöhnlicher Herren, die allesamt beschlossen haben, Ihr Leben als Gesamtkunstwerk zu betrachten und für das Schöne zu kämpfen. (...)