Innerhalb weniger, sehr spannender Tage wird zurzeit ein Großteil von Helge Achenbachs Sammlung versteigert. Alleine die Vorbesichtigung bot schon einen Rundgang durch die Kunstgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts. Gestern, am Mittwoch dieser Woche, wurden nun Immendorfs legendäre Affen Zeuge davon, wie sie selbst versteigert wurden. Ich fände es gut, wenn sich einer der geheimen Bieter am Telefon im Nachhinein als die Stadt Düsseldorf herausstellte und wir den allseits bekannten Immendorf-Plastiken bald wieder begegnen würden. Heute, am zweiten Tag der schon jetzt historischen Versteigerung, lag der Fokus eindutig auf Heinz Mack. Ab heute, so der Auktionator, werden die Mack-Preise ganz neu definiert.
MODE KUNST ARCHITEKTUR
Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.
Donnerstag, 18. Juni 2015
Dienstag, 16. Juni 2015
Mode, Kunst, Moral und das Schöne - Vivienne Westwood besucht Mönchengladbach und hält zwei Vorträge über ihre idealistische Sicht auf die Welt
Einen
kurzen Text über Vivienne Westwood zu schreiben erscheint mir als etwas
Unmögliches, denn die Britische Modedesignerin entwirft mehr als nur Kleidung,
sie entwirft ein ganzes Lebenskonzept. Und so schnitt sie bei den zwei Vorträgen,
die sie am vergangenen Dienstag in Mönchengladbach hielt, unendlich viele
Themen aus den verschiedensten Lebensbereichen an und bewegte sich eloquent
zwischen dem ganz Privaten und der großen Weltpolitik. Dabei wurde vor allem
eines offensichtlich: die Basis für das Gelingen aller menschlicher
Bestrebungen ist ein an der Kultur geschultes Urteilsvermögen.
Sowohl
ihre Naturverbundenheit, die sie seit ihrer Kindheit in Tintwistle einem Dorf
in der Grafschaft Derbyshire begleitet als auch ihre Tätigkeit als
Grundschullehrerin wirken sich bis heute auf ihr Schaffen aus. Nach wie vor
sieht sich Vivienne Westwood als Lehrerin, der die Bildung junger Menschen und
das lebenslange Lernen ein ernstes Anliegen ist. Voller Idealismus referierte
die Modedesignerin somit zusammen mit ihrem Ehemann Andreas Kronthaler
nachmittags vor den Studenten und Studentinnen der Hochschule Niederrhein, um
nach einem Pressegespräch im Hochzeitszimmer der Kaiser-Friedrich-Halle am
Abend im Saal des historischen Gebäudes vor großem Publikum einen weiteren
Vortrag zu halten.
Unabhängig
davon, ob sie nun über Mode, Kunst, Inspiration, menschliche Beziehungen, das
Lehren und Lernen, über Werte im Allgemeinen, ob sie über Finanz- oder
Klimapolitik sprach – eines war dabei immer der zentrale Punkt: die Kultur.
Kultur ermöglicht alles, Kultur ist die Basis von allem Guten, mit Kultur
lassen sich die meisten Probleme lösen und
hätten wir mehr Kultur, dann wären wir weder mit der Umwelt noch mit der
Finanzlage jemals in Schwierigkeiten geraten.
Das
Faszinierende an Vivienne Westwoods Überlegungen liegt darin, dass sie das
Ästhetische und das Moralische als zwei untrennbare Bereiche sieht, die
einander bedingen und denen sie den gleichen Wert beimisst. Mit der gleichen
Überzeugung, mit der sie T.S. Eliots „Tradition and the Individual Talent“ zitiert, chinesische Malerei bewundert oder von der kulturellen Blüte Frankreichs im
letzten Viertel des 19. Jahrhunderts schwärmt, empfiehlt sie, Plastiktüten
mehrfach zu verwenden und Leitungswasser zu trinken, um die Plastikflut zu
bekämpfen. Dabei besitzt die überzeugte Vegetarierin so viel Weitsicht
hinzuzufügen, dass die Produktion von Plastik weitaus weniger giftig ist als die von Leder.
Kultur,
so Vivienne Westwood, ist unbedingt notwendig, um daran sein eigenes
Urteilsvermögen zu schulen. Nur wer immer wieder vergleicht, sein wissen
erweitert, seine eigenen Schlüsse zieht, erhält einen Einblick in die
Möglichkeiten des Menschlichen Genies und ist in der Lage sich
fortzuentwickeln. Vivienne Westwood glaubt fest an die menschliche
Perfektabilität und auch daran dass man, indem man an sich selbst arbeitet,
etwas zu der Weiterentwicklung der gesamten menschlichen Spezies in Richtung
von etwas Göttlichem beiträgt. Und so ermutigte sie beispielsweise eine
Studentin, die sie fragte, wie man denn nun andere Leute von seinen eigenen
idealistischen Überlegungen überzeugen soll, indem sie ihr erklärte, dass es
bei den eigenen Taten immer auch darum geht, wer man selbst ist, dass man
vieles auch einfach für sich selber machen müsse, auch wenn man niemanden damit
überzeugen könne.
Mittwoch, 3. Juni 2015
Stephan Heise: Die Wilhelm-Raabe-Grundschule im Märkischen Viertel, heute Jugendkunstschule Atrium
Vor den am Seggeluchbecken im Märkischen Viertel (Link) aufragenden Wohnhochhäusern mit ihren für den Architekten Chen Kuen Lee typischen spitzen Winkeln und scharfen Kanten fächern sich die flachen, verwinkelt ineinander verzahnten Gebäude der ehemaligen Wilhelm-Raabe Grundschule auf. Sowohl Chen Kuen Lee als auch der Architekt der heute als Jugendkunstschule betriebenen Gebäude, Stephan Heise, studierten bei Hans Scharoun, der für seine ineinander fließenden Räume und seine kantig spitzen Formen, wie beispielsweise das Gebäude der Berliner Philharmonie, bekannt ist. Chen Kuen Lees Gebäude im Märkischen Viertel zeigen durchaus Parallelen zu Scharouns „Romeo und Julia“ genannten Wohnhochhäuser in Stuttgart Rot aus den Jahren 1955 bis 1959 (Link).
Die seit 1985 in den Räumen der ehemaligen Grundschule betriebenen Jugendkunstschule Atrium entdeckte ich bei einer Radtour ins Märkische Viertel an einem Sonntagnachmittag im März dieses Jahres, als das Ensemble still und über das Wochenende verlassen dalag. Bisher konnte ich jedoch nicht mehr als den Namen des Architekten und seinen Bezug zu Scharoun herausfinden, der sich allerdings auch sehr deutlich an den Bauten selbst mit ihren Dachterrassen, Innenhöfen und phantasievoll ineinander verschachtelten Räumen ablesen lässt. Aus dem Jahr 1970 existieren zudem einige Fotografien, die das gerade vollendete Schulgebäude zeigen (Link). Vielleicht wissen die Leser ja noch etwas über die Architektur von Stephan Heise und möchten hier dazu einen Kommentar hinterlassen? Ich würde mich darüber sehr freuen!
Montag, 1. Juni 2015
Berlin: Das Märkische Viertel (1963 - 1974)
Mehrfach
habe ich auf dieser Seite bereits über künstlich angelegte Stadtteile
berichtet, so genannte Satelliten- oder Trabantenstädte. Von der Gropiusstadt
in Berlin war die Rede (Link), von Garath (Link) und dem Bürogbiet Am Seestern
(Link), die beide zu Düsseldorf gehören, und auch die Neue Stadt Wulfen (Link)
wurde hier schon einige Male thematisiert. In den
Beschreibungen schwingt dabei immer eine gewisse Sehnsucht nach Oscar Niemeyers Brasilia und LeCorbusiers
Chandigharh mit. Alleine
der Ausdruck „Satellitenstadt“ lässt an den Weltraum denken, an Zukunft und
Fortschritt, an die Möglichkeit, an einem anderen, weit entfernten Ort ein
neues, besseres Leben zu beginnen, eine neue Zivilisation zu gründen. Die Idee
der Satellitenstadt passt perfekt in die Aufbruchstimmung und die
Technikbegeisterung nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Konzept künstlich
angelegter Stadtteile jedoch ist viel älter und stammt noch aus der Zeit, als sich
LeCorbusier Gedanken über seine Ville Radieuse und den Plan Voisin machte und
schließlich mit seinen Mitstreitern auf einer Reise nach Griechenland die
Charta von Athen formulierte.
In
weiter Ferne liegen die neu angelegten Stadtteile tatsächlich, vor allem in
einer großen Entfernung zum Zentrum der eigentlichen Stadt. Dass sich die
Bewohner der neuen Wohngebiete vom Rest der Stadt abgeschnitten fühlten, darin
lag von Anfang an eines der Hauptprobleme des gesamten Konzepts und wurde stark
von dessen Gegnern kritisiert. Gerade Trabantenstädte, also große Wohnviertel,
die im Gegensatz zu eigenständigen Satellitenstädten mangels Infrastruktur
nicht als eigene Städte funktionierten, sondern tatsächlich nur dem Aufenthalt
nach Feierabend dienen, warf man Leblosigkeit und Gleichförmigkeit vor. Und
trotzdem: ist es nicht tausendmal aufregender, in einem Vorort von Berlin zu
wohnen und von einer Wohnung im 23. Stock einen Ausblick auf futuristische
Architektur und in die weite Landschaft zu haben, als in einer deutschen
Kleinstadt aufzuwachsen, in der nach 18 Uhr auch kein Mensch mehr auf der
Straße ist man Städte wie Berlin nur aus dem Fernsehen kennt?
Berlin: Das Märkische Viertel (1963 - 1974)
Mehrfach
habe ich auf dieser Seite bereits über künstlich angelegte Stadtteile
berichtet, so genannte Satelliten- oder Trabantenstädte. Von der Gropiusstadt
in Berlin war die Rede (Link), von Garath (Link) und dem Bürogbiet Am Seestern
(Link), die beide zu Düsseldorf gehören, und auch die Neue Stadt Wulfen (Link)
wurde hier schon einige Male thematisiert. In den
Beschreibungen schwingt dabei immer eine gewisse Sehnsucht nach Oscar Niemeyers Brasilia und LeCorbusiers
Chandigharh mit. Alleine
der Ausdruck „Satellitenstadt“ lässt an den Weltraum denken, an Zukunft und
Fortschritt, an die Möglichkeit, an einem anderen, weit entfernten Ort ein
neues, besseres Leben zu beginnen, eine neue Zivilisation zu gründen. Die Idee
der Satellitenstadt passt perfekt in die Aufbruchstimmung und die
Technikbegeisterung nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Konzept künstlich
angelegter Stadtteile jedoch ist viel älter und stammt noch aus der Zeit, als sich
LeCorbusier Gedanken über seine Ville Radieuse und den Plan Voisin machte und
schließlich mit seinen Mitstreitern auf einer Reise nach Griechenland die
Charta von Athen formulierte.
In
weiter Ferne liegen die neu angelegten Stadtteile tatsächlich, vor allem in
einer großen Entfernung zum Zentrum der eigentlichen Stadt. Dass sich die
Bewohner der neuen Wohngebiete vom Rest der Stadt abgeschnitten fühlten, darin
lag von Anfang an eines der Hauptprobleme des gesamten Konzepts und wurde stark
von dessen Gegnern kritisiert. Gerade Trabantenstädte, also große Wohnviertel,
die im Gegensatz zu eigenständigen Satellitenstädten mangels Infrastruktur
nicht als eigene Städte funktionierten, sondern tatsächlich nur dem Aufenthalt
nach Feierabend dienen, warf man Leblosigkeit und Gleichförmigkeit vor. Und
trotzdem: ist es nicht tausendmal aufregender, in einem Vorort von Berlin zu
wohnen und von einer Wohnung im 23. Stock einen Ausblick auf futuristische
Architektur und in die weite Landschaft zu haben, als in einer deutschen
Kleinstadt aufzuwachsen, in der nach 18 Uhr auch kein Mensch mehr auf der
Straße ist man Städte wie Berlin nur aus dem Fernsehen kennt?
Abonnieren
Posts
(
Atom
)