Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.
After several months of closed borders
I am very happy to say that I have arrived in Sanquhar, in the South
West of Scotland, where I will be staying as an artist in residence at the MERZ Gallery for the next weeks. I'm planning to do an extensive architectural video, create costumes and do a performance.
„Julia Zinnbauer is our artist in residence at MERZ for the Summer. A string of coincidences from her childhood to the present day have engaged Julia’s passion for Scotland. When she was young her family acquired a Gilbert Scott telephone box that was cast in Scotland and had it installed in their back garden in Germany. Julia Zinnbauer‘s work engages architecture and calligraphy with fashion and story telling (here based around her childhood diaries). In anticipation of her Summer Residency Julia has woven an eloquent plea for retaining Sanquhar’s Post Office, poetically illustrating the necessity of communication from a position of isolation." David Rushton, MERZ Gallery
Sanquhar, about my short film "phone box postcards"
The Sanquhar Arts Festival This weekend, from the Sanquhar Arts Festival is taking place. Originally it was planned to inaugurate the Sanquhar Cultural Quarter, in the presence of Scotland's First Minister Nicola Sturgeon, which unfortunately due to the current situation is not possible. But the Festival itself takes place - on the internet - and I’m happy to be part of. David Rushton compiled sixteen contributions from artists and performers from the Festival and beyond. Their photographs and films appear at regular intervals over the 22nd - 25th May weekend here: https://www.facebook.com/pg/sanquharartsfestival/
phone box postcards Text, voice, calligraphy, postcards and editing by Julia Zinnbauer Düsseldorf April/March 2020
The
short will feature in Sanquhar Arts Festival ‘running on FACEBOOK’
between May 22nd and 25th and will be presented on screen at MERZ as
soon as audience conditions permit. It can also be seen here: MERZ Gallery/Julia Zinnbauer.
Wie die Amerikaner den Deutschen das Senkrechtstehen beibringen wollten - Stahlskelettbau und Charaktermasken
Mit einem Gastbeitrag von Dr. Kathleen Hooper: Das Amerikahaus
"Wenn wir mit dem Kleinsten und Alltäglichsten, dem Gemeinsten und Selbstverständlichsten die Anmutung des großen Problematischen, Dunklen, nicht Verstehbaren geben, dann romantisieren wir die Welt (...). Und diese Form der Anverwandlung ist das, was Julia hier demonstriert." Zur Finissage meiner Ausstellung "FLYOVER - Los Angeles und die Architektur der Nachkriegsmoderne in Düsseldorf" hielt Bazon Brock am 15. September 2019 einen aufregenden, unfassbar vielschichtigen Vortrag, den ich in einem Video festgehalten habe:
ASTEROIDA. Kurzfilm, Julia Zinnbauer 2014/19, Filmstill
Die Hortenkachel
Durch ihren hohen Wiedererkennungswert und ihre universelle Einsatzmöglichkeit trug die Hortenkachel in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in hohem Maße zu der Verbreitung der der Kaufhauskette Horten in ganz Westdeutschland bei. Ein modulares Fassadenelement zu entwerfen, das aus dem Firmenlogo selbst besteht, war ein so genialer Zug, dass bis heute, trotz der wechselvollen Geschichte der Firma Horten inclusive Verkauf, Umbenennung, Schließung und Umbau der (ehemaligen) Filialen, die Hortenkachel selbst nach wie vor im allgemeinen Bewusstsein existiert. Jede Hortenkachel trägt ein H in sich, zwei Kacheln nebeneinander ergeben die Inizialen H. H. für Helmut Horten, zusammengesetzt zu einer großflächigen Vorhangfassade flüstern sie den Namen des Firmengründers in einem unendlichen, minimalistischen Rhythmus in die Stadt.
Dabei stellen sich allerdings zwei Fragen: einerseits nach dem Material, aus dem die Fassadenelemente bestehen, andererseits aber auch danach, wer die Hortenkachel denn nun eigentlich entworfen hat. So, wie die einzelnen Kaufhausgebäude selbst nie identisch aussahen, sondern immer an die jeweilige städtebauliche Situation und angepasst und sogar von verschiedenen Architekturbüros entworfen wurden, so wurde auch die Hortenkachel selbst ständig weiterentwickelt und besteht in ganz unterschiedlichen Varianten.
Der Begriff „Eiermannkachel“, mit dem das Fassadenelement ebenfalls häufig bezeichnet wird, muss in diesem Zusammenhang hinterfragt werden. In der Entstehungsgeschichte des Modulelements spielt der Architekt Egon Eiermann zwar eine Rolle und auch der Begriff „Kachel“ ist für ein Keramikelement bestimmt sinnvoll. Aber bestehen Eiermannkacheln nicht eigentlich aus Aluminium?
ASTEROIDA. Kurzfilm, Julia Zinnbauer 2014/19, Filmstill
Im Sommer 2019, als ich den Düsseldorfer Architekten Friedel Kellermann in meine Ausstellung FLYOVER (Link) ins Stadtmuseum Düsseldorf einlud, erhielt ich endlich Antwort auf meine Fragen. Teil der Ausstellung waren meine zwei eigenen Hortenkacheln sowie mein Kurzfilm ASTEROIDA, den ich in der ehemaligen Hortenfiliale auf der Berliner Allee in Düsseldorf gedreht hatte, kurz vor dem Umbau des Gebäudes im Jahr 2014. Somit war ich begeistert und aufgeregt, als Friedel Kellermann, der zusammen mit Helmut Rhode und Hans Günter Wawrowski das Architekturbüro RKW gegründet hatte, meiner Einladung ins Stadtmuseum folgte. 1959 hatte Helmut Rode den Wettbewerb um den Entwurf der Horten Hauptverwaltung in Düsseldorf am Seestern gewonnen und war schließlich zusammen mit Kellermann und Wawrowsky an der gesamte Entwicklung des Horten-Designs beteiligt.
Die Horten-Filiale in Krefeld
Bewusst wurde mir die Schönheit der Hortenfassade zum ersten mal, als ich an einem kalten, windigen, extrem sonnigen Tag vor etwa zehn Jahren mit dem Fahrrad an der ehemaligen Hortenfiliale in Krefeld vorbei fuhr. Alle Schriftelemente waren von der Fassadeentfernt worden, und so sah ich das durchbrochene Muster in seiner ursprünglichen Schönheit und Klarheit im hellen Sonnenlicht. Zuletzt war das Gebäude als Kaufhof genutz worden, wie so viele ehemalige Horten-Filialen. Mittlerweile stand es leer.
Krefeld 2013
Im Jahr 2013 dann der Schock. Ich kam zufällig wieder an dem Gebäude vorbei, das zu meinem Schrecken eingerüsteten war. Hinter den großflächig aufgespannten Planen hatte man die elegante Fassade schon in weiten Teilen brachial zerstört, und zwar indem man sie einfach von innen nach außen abgeklopft hatte. Auf dem Boden unter dem Baugerüst lag ein Meer aus zerbrochenen, hellblauen Hortenkacheln.
Ich begann zu recherchieren und fand heraus, dass die Kacheln von der Firma Keramag hergestellt worden waren. Ich nahm mit Keramag Kontakt auf, wies sie auf die Zerstörung hin und zu meiner großen Freude konnte eine eingagierte Mitarbeiterin einige der Kacheln für das Firmenarchiv retten, eine davon bekam ich feierlich überreicht. (Zu meinem Blogartikel aus dieser Zeit geht es hier entlang: Link)
Der Horten / Kaufhof auf der Berliner Allee in Düsseldorf
Es vergingen einige Jahre, dann hieß es plötzlich, dass nun auch der Kaufhof an der Berliner Allee in Düsseldorf seine Original-Horten-Fassade verlieren sollte. Mir gelang es damals, auf mein Nachfragen hin, das bereits leer geräumte Kaufhaus umfassend zu fotografieren und schließlich auch ein Video dort zu drehen. In diesem Zusammenhang bekam ich von der Kaufhof-Leitung meine zweite und dritte Hortenkachel geschenkt, und da erst wurden mir die subtilen Unterschiede bewusst. Die eine „Kachel“ war aus Aluminiumblech und große Flächen der Fassade bestanden aus dieser Variante. Die andere aber bestand aus Keramik, allerdings in einem ganz anderen Farbton als das hellblau-graue Exemplar aus Krefeld. Die Düsseldorfer Variante ist von einem ganz hellen Grau und von der Straße aus sah man keinen Unterschied zwischen den Aluminum- und den Keramik-Elementen. In meiner FLYOVER-Ausstellung konnte man die zarten farblichen Unterschiede zwischen dem Exemplar aus Krefeld und dem aus Düsseldorf direkt nebeneinander sehen.
ASTEROIDA
Meine Ausstellung FLYOVER handelte von den architektonischen Zusammenhängen zwischen Düsseldorf und Los Angeles in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch von amerikanischen Einflüssen auf die Architektur der Stadt im Allgemeinen. In mehrerer Hinsicht bietet dafür Helmut Rhodes Entwurf der Horten Hauptverwaltung aus dem Jahr 1959 ein ideales Beispiel dafür, wie in Deutschland moderne architektonische Einflüsse umgesetzt wurden. Das Viertel Am Seestern wurde in Düsseldorf nach dem Zweiten Weltkrieg eigens als Bürostandort angelegt, so wie der neue Stadtteil Garath als Wohnviertel entstand. Der Titel meines Kurzfilms ASTEROIDA bezieht sich auf das Büroviertel am Seestern, von dem aus die Hortenkachel ihre deutschlandweite Verbreitung fand.
ASTEROIDA
Kurzfilm
Kamera, Schnitt, Kostüm, Idee, Performance: Julia Zinnbauer