Das Selbstportrait, mit dem das Interview mit mir bebildert ist, entstand beim Drehen meines aktuellen Architekturfilms. |
Für die Januarausgabe des Retaildesign-Magazins STYLEGUIDE habe ich eine weitere Kolumne geschrieben sowie verschiedene Schaufenster fotografiert. Diesmal bin ich durch das weihnachtlich glitzernde Düsseldorf flaniert, um zu beschreiben, was sich dort in den Fenstern zwischen ganz minimalistisch und ganz opulent abgespielt hat. Im Zentrum meines Berichts steht dabei die Kugel in ihrer absoluten Perfektion und als Symbol für Geburt und Erneuerung.
In der Serie der PROFESSIONAL PROFILES ist im gleichen Heft zudem ein schönes Interview mit mir erschienen, in dem es um meine Begeisterung für Sprache und Kunst geht und auch darum, wie ich über die Mode und die Architektur zu den Themen Visual Merchandising und Retaildesign gekommen bin. Das Interview und die Kolumne können hier nachgelesen werden.
Weihnachten in den Schaufenstern von Düsseldorf - Die Kolumne für den STYLEGUIDE
In ihrer perfekten geometrischen Form steht die Kugel für die absolute Vollkommenheit, für die Gesamtheit aller Möglichkeiten, für Vollständigkeit und Ganzheit, für Geburt und Erneuerung. Die Kugel ist die Form, die alle anderen Formen enthält, der Inbegriff des Guten und des Schönen. So ist es kein Zufall, dass die Kugel gerade an dem Fest, auf das sich die meisten Menschen das ganze Jahr über freuen, so sehr im Mittelpunkt steht. Die Rede ist von der Weihnachtsbaumkugel. Selbst für diejenigen, denen Weihnachten einfach nur ein lästiger Termin ist, spielt eine goldene Kugel zu dieser Zeit eine Rolle: von Weihnachten an nimmt das Tageslicht wieder zu und der Sonnenball gewinnt langsam seine Vormachtstellung am Himmelsgewölbe zurück.
In Zeiten allgemeiner Skepsis kann man das Feiern von Weihnachten insgesamt in Frage stellen, man kann den Weihnachtsbaum im Wald lassen (wo er eigentlich auch hingehört), man kann sich über das zu warme Wetter beschweren oder einfach darauf hoffen, dass mit dem Jahreswechsel alles besser, schöner oder wenigstens anders wird. Die Weihnachtsbaumkugel ist in ihrer Universalität jedoch von Bestand. Und so gehören in Düsseldorf auch die Weihnachts-Schaufenster zu den schönsten, deren Gestaltung sich ganz auf das wesentlichste, klarste und prägnanteste Symbol konzentrieren: bei Dior und Prada setzt man auf die Kugel.
In ihrer perfekten geometrischen Form steht die Kugel für die absolute Vollkommenheit, für die Gesamtheit aller Möglichkeiten, für Vollständigkeit und Ganzheit, für Geburt und Erneuerung. Die Kugel ist die Form, die alle anderen Formen enthält, der Inbegriff des Guten und des Schönen. So ist es kein Zufall, dass die Kugel gerade an dem Fest, auf das sich die meisten Menschen das ganze Jahr über freuen, so sehr im Mittelpunkt steht. Die Rede ist von der Weihnachtsbaumkugel. Selbst für diejenigen, denen Weihnachten einfach nur ein lästiger Termin ist, spielt eine goldene Kugel zu dieser Zeit eine Rolle: von Weihnachten an nimmt das Tageslicht wieder zu und der Sonnenball gewinnt langsam seine Vormachtstellung am Himmelsgewölbe zurück.
In Zeiten allgemeiner Skepsis kann man das Feiern von Weihnachten insgesamt in Frage stellen, man kann den Weihnachtsbaum im Wald lassen (wo er eigentlich auch hingehört), man kann sich über das zu warme Wetter beschweren oder einfach darauf hoffen, dass mit dem Jahreswechsel alles besser, schöner oder wenigstens anders wird. Die Weihnachtsbaumkugel ist in ihrer Universalität jedoch von Bestand. Und so gehören in Düsseldorf auch die Weihnachts-Schaufenster zu den schönsten, deren Gestaltung sich ganz auf das wesentlichste, klarste und prägnanteste Symbol konzentrieren: bei Dior und Prada setzt man auf die Kugel.
Spiegelkugeln
auf der Kö
In
den Fenstern von Dior sprudeln unendlich viele
pasltellfarben-verspiegelte Kugeln durch einen ebenfalls spiegelnden
Raum, dessen Kanten zudem durch Neonröhren abgesetzt sind. Die
sich immer wieder gegenseitig spiegelnden Kugeln in blassem Gold und
rosé vermitteln neben einer unglaublich futuristischen Atmosphäre
die Assoziation eines Champagnerbades und korrespondieren perfekt mit
den eleganten Linien der kühl beleuchteten Acrylglaselemente im
Eingangsbereich der Dior-Filiale. Die
Kugel repräsentiert die Welt
und
die
Welt spiegelt sich in der Kugel, in diesem Fall sogar die Kugeln der
Prada-Schaufenster auf der gegnüberliegenden Straßenseite. Dort
schmückt man die Fenster mit einem ordentlichen Raster aus großen
goldenen Halbkugeln, das ein wenig an das Innere einer
Pralinenschachtel erinnert. Auf diese Weise vervielfachen sich all
die sich gegenseitig spiegelnden Wölbungen in einer unendlichen,
schillernden Mise en abyme, die den eigens für die Weihnachtszeit
über den Kögraben gespannten Lichtbogen beinahe überstrahlt.
Minimalistische Strenge und erzählerische Opulenz
Insgesamt ist in den düsseldorfer Schaufenstern von einem schlichten Ignorieren der Weihnachtszeit über minimalistische Andeutungen bis hin zu erzählerischer Opulenz die gesamte Bandbreite an Weihnachtsinteresse vertreten. Bei Chanel z.B. blendet man Weihnachten komplett aus und winkt mit großen, geflochtenen Schilfgras-Segeln in den Fenstern scheinbar denjenigen zu, die vor den Festtagen in die Karibik geflohen sind. Bei COS wünscht man mit einen schlichten weißen Schriftzug „Frohe Weihnachten“ und bei Apple hat man das große, eigentlich weiße Apfel-Logo über dem Eingang mit einer roten Folie überklebt. Das ist so einfach wie genial.
Wer
das Thema Weihnachten elegant umschiffen will, aber dennoch etwas zu
der besonderen Jahreszeit beitragen möchte, dem bieten sich
Wintersport (natürlich bei Bogner) und Wintertiere an (gesehen bei
Louis
Vuitton, gerne auch auf Eisschollen).
Tiere treten auch in den Schaufenstern des JADES' auf, und zwar
gastiert dort der „Christmas Circus“. Von Edelstahltafeln aus,
die in den paillettengeschmückten Fenstern hängen, grüßen
Flamingos, Zauberkaninchen und Tiger und wünschen ein frohes Fest,
wobei sich der Zirkus-Trend auch bei Tod's auf der Königsallee
zeigt.
Schaufenster,
die Geschichten erzählen
Wie
in einem Film kann man bei einem Gang durch Düsseldorf den gesmten
Ablauf eines Weihnachtsabends in verschiedenen Szenen nachvollziehen.
Die Fenster beschreiben eine Geschichte von vorfreudigem Warten, vom
Feiern, vom Transport der Geschenke bis hin zur Bescherung.
Ganz besonders
erzählerisch geht es in den geschwungen Schaufenstern von Breuninger
zu. Aus dem Geschäft mit Weihnachten macht man hier kein Geheimnis
sondern inszeniert es in Form von goldenen Einkaufswagen voller
Geschenke, die sich auf großen Spieluhren drehen, während aus
ebenfalls goldenen Briefkästen Weihnachtsbriefe und Wunschzettel
hervorquellen. In
einem anderen Teil der bauchigen Fassade wartet eine Figur auf die
Bescherung und hat vor lauter Ungeduld bereits das Geschirr mit dem
Ärmel vom Tisch gefegt. Die riesige, barocke Stuck-Uhr steht jedoch
nach wie vor erst auf viertel nach sechs. Gleichzeitig befindet man
sich auch bei Brunello Cuccinelli in einem Zustand feierlicher
Vorfreude. Vor einer festlich beleuchteten, großbürgerlichen
Hausfassade haben sich drei elegant in schwarz und silbrigem weiß
gekleidete Gäste mitsamt ihren Geschenken versammelt und sind
offensichtlich bereit für einen großen Abend.
Logistische
Lösungen
Neben dem Feiern ist
das Thema Transport offensichtlich ein Bereich, der eng mit dem
Weihnachtsgedanken verbunden ist, denn irgendwie müssen die
Geschenke ja zu ihren zukünftigen Besitzern kommen. Bei Peek &
Cloppenburg steuert das Weihnachtspersonal ganz klassisch eine rote
Ape,
bei H&M fährt eine elektrische
Eisenbahn durch eine verschneite Winterlandschaft. Im Einkaufszentrum
Sevens auf der Kö kommt einem ein elektrifizierter, halb
menschlicher Engel lautlos entgegengerollt, dessen technisches
Geheimnis genauso verborgen bleibt, wie das des „Frieden“
flüsternden Weihnachtsengels in Heinrich Bölls legendärer
Kurzgeschichte. In den Fenstern des Kaufhofs an der Kö werden die
Geschenke mit Steampunk-Flugmaschinen geliefert, ergänzt duch einen
Film, der auf die Fassade des Jugendstil-Kaufhauses von
Joseph Olbrich
projiziert
wird. Ganz ähnlich
verwandelt sich unweit entfernt der Kubus des Kunstvereins am
Grabbeplatz allabendlich in einen riesigen Adventskalender, indem
jeden Tag ein neues Kunstwerk auf die brutalistische Betonfassade
gebeamt wird.
Die
Kaufhausarchitektur der Jahrhundertwende und das Transportbusiness
bringen uns schließlich wieder zu unserem Ausgangspunkt zurück, zu
der Kugel. Nachdem die Weihnachtsbaumkugel seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts vor allem in Thüringen hergestellt und vertrieben
wurde, trug ausgerechnet ein Kaufhaus-Pionier zu ihrer globalen
Verbreitung bei. In großem Stil transportierte Winfield Woolworth ab
1880 den gläsernen Christbaumschmuck aus Thüringen nach Amerika und
wurde in den nächsten Jahren einer der erfolgreichsten Unternehmer
seiner Zeit, nicht nur zur Weihnachtszeit.