Fotos von Eric Alexander
„You have to build your own city around you“. Diesen zentralen Satz gab mir die Kostümdesignerin Patricia Field mit auf den Weg, als ich im Rahmen des Fashion Net Education Centers Anfang Februar ein Interview mit ihr geführt habe. Der Künstler als Erbauer seiner eigenen idealen Stadt; eine Idee, die mir durchaus zusagt.
Seit Jahren bietet das Fashion Net Education Center, das jeweils anlässlich der düsseldorfer Modewoche stattfindet, eine Vielzahl an Vorträgen, die sowohl durch die ganz besondere Auswahl der Sprecher als auch durch den großen Praxisbezug des Gesagten beeindrucken. Um gestalterische Aspekte geht es bei den Vorträgen, in hohem Maß aber auch um die Umsetzung, also darum, wie die unterschiedlichsten Modedesigner ihr Label gegründet haben, dafür jeden Tag kämpfen und es am Leben erhalten. Und das ist das wirklich Faszinierende am Fashion Net Education Center: der realistische Blick ins Atelier, dorthin, wo die eigentliche Arbeit stattfindet.
In diesem Jahr war nun tatsächlich Patricia Field geladen, die legendäre Kostümdesignerin, die mit ihren eklektizistischen Arrangements maßgeblich zum Erfolg der Serie „Sex and the City“ beigetragen hat und für „Der Teufel trägt Prada“ für einen Oscar nominiert wurde.
Während Designer/innen wie Alexandra Kiesel, Kilian Kerner, Ann-Katrin Cartsensen von Rita in Palma und das Team von Blame über ihre Arbeit sprachen, saß Patricia Field auf einem Sofa im Foyer des riesigen Zelts, das man im Hof des ehemaligen Gefängnisses Ulmer Höh’ aufgebaut hatte, und gab Interviews und schließlich hatte auch ich das Vergnügen, mit ihr zu sprechen.
Auch wenn sie heute vor allem als Kostümdesignerin und Stylistin bekannt ist, liegt der Ursprung von Patricia Fields Karriere in einem bereits im Jahr 1966 eröffneten Kleidergeschäft. Auf meine Frage hin, welche Art Kleidung sie dort verkaufte, erklärte sie mir, dass sich ihr erster Laden auf dem Campus der University of New York befunden und sie dort zunächst Kleidung im Mod-Style verkauft habe, den wir ja eigentlich aus England kennen, also einen eher coolen, urbanen, strengen Look, der bald schon von der Hippie-Mode abgelöst wurde. 1966 war die Zeit des Umbruchs und Patricia Field befand sich natürlich am Puls der Zeit. Ich erzählte ihr, dass ich mir intensiv die Seite ihres Shops angeschaut hatte, den sie mittlerweile in der Bowery in New York betriebt und dass sie sich nun offensichtlich auf die Neunzigerjahre spezialisiert habe. Daraufhin lachte sie mit ihrer rauchigen Stimme laut auf und meinte: „That’s what the kids want!“. In die späten Neunzigerjahre zumindest reicht ihre Beschäftigung mit der Serie „Sex and the City“ zurück und ich sprach sie darauf an, dass es vorher doch nichts Vergleichbares gegeben hatte, was so sehr zu einer Demokratisierung der Mode beigetragen hat. Nur „Dynasty“, meite sie trocken, also den „Denver Clan“ und fügte dann sehr energisch hinzu, dass sie selbst es war, die den Begriff der Demokratisierung der Mode geprägt hat. Und zwar habe für den eher preisgünstigen Online-Shop Payless einige Schuh-Modelle entworfen und damit etwas dazu beigetragen, dass sich jeder aufregende Schuhmode leisten kann.
Danach redeten wir noch lange über die Verbindung zwischen Kunst und Mode. Frau Field pflichtete mir darin bei, dass die eigentliche Modeindustrie nach ganz anderen Systemen arbeite als die Kunst, obwohl Mode im Idealfall natürlich Kunst sei. Ihre Lösung des Konflikts sei, an ganz vielen verschiedenen Projekten zu arbeiten. Sie selbst habe fünf Jobs, den Laden, das Styling und all das, und dann würden sich auch Möglichkeiten ergeben, Mode als Kunstform zu schaffen. „You have to build your own city around you“. Patricia Field, das muß man sagen, ist es gelungen, sich eine eigene Stadt zu errichten, und das erklärt auch diese heitere Gelassenheit, in der sie mit rauchiger Stimme aus ihrem Leben berichtete.