MODE KUNST ARCHITEKTUR

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Montag, 18. Januar 2016

Paul Schneider von Esleben - Das Erbe der Nachkriegsmoderne. Teil 2 der Ausstellung des M:AI in der Stadtsparkasse Wuppertal




Immer vor Ort. Nie am selben.“ So lautet der Wahlspruch des M:AI (Link), des Museums für Architektur und Ingenieurkunst NRW. Zum Konzept des Museums gehört es, dass die Ausstellung des M:AI immer in außergewöhnlichen Gebäude stattfinden, die thematisch mit dem jeweiligen Projekt in Verbindung stehen. Die Ausstellung des M:AI über Paul Schneider von Esleben anlässlich des 100. Geburtstags des Architekten erstreckte sich im August letzten Jahres über die gesamte Heimatstadt des Düsseldorfers hinweg (Link). So erfuhr man nicht nur in Schneider von Eslebens Mannesmann Hochhaus über dessen Leben und Werk, sondern auch in der Architektenkammer NRW und in der Rochuskirche.

In Wuppertal findet nun der zweite Teil der Ausstellung statt, natürlich in einem weiteren spektakulären Gebäude Paul Schneider von Eslebens, dem weithin sichtbaren Ensemble der Stadtsparkasse Wuppertal am Islandufer.

Nach dem Entwurf für das Mannesmann Hochhaus in den Fünfzigerjahren avancierte Schneider von Esleben bald zum Hochhausexperten. In den Sechzigerjahren entwarf er für Düsseldorf zunächst das Commerzbank Hochhaus (1961 – 63) und das ARAG-Gebäude (1963 – 67) und wandte sich dabei zunehmend dem Einsatz von Beton zu. Zwischen 1969 und 1973 entstand dann das dreiteilige Gebäude der Stadtsparkasse Wuppertal , das nun gerade kürzlich, rechtzeitig zu der Eröffnung der Ausstellung, unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Dabei berief man sich auf die innovative Konstruktion des Verwaltungsturms bzw. des gesamten Ensembles, auf die typologisch neuartige Kombination aus Kunden- und Verwaltungszentrum und auf die Bedeutung des markanten Turms für die gesamte Stadtsilhouette. Das Besondere an dem 75 Meter hohen Verwaltungsturm liegt darin, dass in einem ersten Schritt zunächst ein Betonkern gegossen wurde, in dem sich die Treppen- und Aufzugsschächte befinden, und dann in einem weiteren Arbeitsschritt die einzelnen Etagen von ober nach untern an diesen Kern angehängt wurden. Auf diese Weise schuf Schneider von Esleben neunzehn Etagen, die allesamt keine tragenden Säulen oder Pfeiler benötigen und deren Flächen somit frei einteilbar sind. Diese Form der Hängekonstruktion, die sich auch in Egon Eiermanns Olivetti-Häusern in Frankfurt und in den Gebäuden des Rathauses in Marl wiederfindet, geht auf die Erfindung zweier Wuppertaler Architekten zurück, auf die Brüder Bodo und Heinz Rasch, wobei letzterer bis zu seinem Tod in einem Haus am Döppersberg wohnte, nicht weit vom Islandufer entfernt.

Flankiert wird der Verwaltungsturm auf der einen Seite von einer Parkgarage mit auffälligen Spindeltreppen und auf der anderen Seite von einem Flachbau, der nach dem gleichen Hängeprinzip konstruiert wurde und das Kundenzentrum enthält. Ganz im Sinne des zukunftsweisenden Gebäudearrangements, das sich deutlich vom gesamten Stadtbild Wuppertals abhebt, beauftragte Paul Schneider von Esleben zudem den Krefelder Künstler Adolf Luther mit dem Entwurf einer Plastik. Über die gesamte Rückwand des Kundenzentrums hinweg erstreckt sich somit ein (ehemals) kinetisches Objekt, das aus Adolf Luthers typischen Glaslinsen besteht. In Form von insgesamt vierundvierzig Stelen drehten sich Luthers riesige reflektierende Glasobjekte ursprünglich um ihre eigene Achse und verbreiteten ein schillerndes Licht in der Schalterhalle. Die Dynamik ist generell ein wichtiges Thema im Werk Paul Schneider von Eslebens. Wie beim Gebäude für die Commerzbank Düsseldorf verfügte auch das des Stadtsparkasse Wuppertal einen Drive-in-Schalter für ganz eilige Kunden.




Der zweite Teil der opulenten Ausstellung des M:AI mit dem Titel „Paul Schneider von Esleben – das Erbe der Nachkriegsmoderne“ wird nun am Mittwoch, dem 20. Januar 2016 um 19 Uhr in der Stadtsparkasse Wuppertal eröffnet. Vielleicht sollte man mit Schwebebahn anreisen, um sich dem ungewöhnlichen Gebäudeensemble in einer besonders eleganten Weise zu nähern.

Weitere Informationen zu der Ausstellung des M:AI befinden sich auf der Seite des Museums (Link). 

Die Ausstellung "Heimatplan" schließt sich darüber hinaus zeitlich und thematisch an "PSE - Das Erbe der Nachkriegsmoderne" an und wird am Samstag, dem 23. Januar in der Galerie GRÖLLE pass:projects eröffnet (Link).