MODE KUNST ARCHITEKTUR

Dieser Blog ist dem Material gewidmet, der Konstruktion, der Technik, der Opulenz und der Schönheit, dem Spektakulären, Aufregenden, Anekdotischen, den kleinen Details und dem großen Gesamteindruck, der Bewegung, der Farbe, dem Vergangenen und der Zukunft.

Sonntag, 31. Januar 2016

Paul Schneider von Esleben - Das Erbe der Nachkriegsmoderne. Die Ausstellungseröffnung in der Stadtsparkasse Wuppertal




Die sehnsüchtig erwartete Fortsetzung der Ausstellung „Paul Schneider von Esleben – Das Erbe der Nachkriegsmoderne“ des M:AI (Link), die im August letzen Jahres ihren Ausgangspunkt in Düsseldorf hatte (Link), wird nun in Wuppertal fortgesetzt. Nachdem sie zunächst in Düsseldorf im Mannesmann Hochhaus gastiert hatte, ist die aufwändig gestaltete Ausstellung seit dem 20. Januar im Foyer der Stadtsparkasse Wuppertal zu sehen. Wie das Mannesmann Hochhaus stammt auch das Gebäude der Stadtsparkasse Wuppertal von Paul Schneider von Esleben.

Nur wenige Tage vor der Ausstellungseröffnung war das gesamte Gebäudeensemble, das aus dem markant über der Stadt aufragenden Verwaltungsturm, einem Kundenzentrum und einem Parkhaus besteht, unter Denkmalschutz gestellt worden. Am Eröffnungsabend war die Stimmung dementsprechend umso euphorischer.

Nachdem die Leiterin des M:AI, Frau Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, über das Leben und Werk des Düsseldorfer Architekten gesprochen hatte, hielt Historiker Michael  Okroy einen umfassenden Vortrag über die Entwicklung Wuppertals zur autogerechten Stadt und ging dabei auch auf die aktuellen Geschehnisse rund um den Döppersberg ein. Eine Fahrt hinauf in das gläserne Penthouse des futuristischen Gebäudes und der Blick über die nächtliche, im Tal funkelnde Stadt war darüber hinaus einer der Höhepunkte des Eröffnungsabends.

Bis zum 24. Februar 2016 kann die Ausstellung in der Stadtsparkasse Wuppertal am Islandufer noch besichtigt werden.

Dienstag, 19. Januar 2016

HEIMATPLAN. Eine Ausstellung über die Sicht zeitgenössischer Künstler auf die Architektur der Nachkriegsmoderne in der Galerie GRÖLLE pass: projects Wuppertal

Foto: Chris Dreier























Galerie Grölle pass:projects präsentiert

>> HEIMATPLAN <<

Eine Ausstellung über die Sicht zeitgenössischer Künstler auf die Architektur der Nachkriegsmoderne - zusammengestellt von Julia Zinnbauer.

Herzliche Einladung zur Ausstellungseröffnung am Samstag, dem 23.01.2016 um 19:00 Uhr


Mit Arbeiten von

Matias Bechtold (Berlin)
Chris Dreier (Berlin)
Bert Didillon (Köln)
Gary Farrelly (Dublin/ Brüssel)
Lothar Götz (London)
Alekos Hofstetter & Florian Göpfert (Tannhäuser Tor, Berlin)
Pablo de Lillo (Oviedo/Gijon)
Julia Zinnbauer (Düsseldorf)


Galerie GRÖLLE pass:projects
Friedrich-Ebert-Straße 143e
D-42117 Wuppertal
fon +49 (0)1732611115
www.passprojects.com
WED - FRI 4 - 7 PM / SAT 11 - 3 PM
Schwebebahn: Haltestelle Pestalozzistraße


Heimatplan

Der schmale elegante Turm der Stadtsparkasse Wuppertal überragt in seiner ungewöhnlich technischen, futuristisch wirkenden Form die gesamte Stadt und hebt sich deutlich von den Gründerzeitgebäuden der Industriemetropole ab. Beinahe von der ganzen Stadt aus ist das raumkapselartige Penthouse des Gebäudes zu sehen, von den waldigen Hängen des Bergischen Landes aus, von der Autobahn, die die Stadt an Düsseldorf und Köln anschließt und natürlich auch von der Schwebebahn aus, die am Fuße des markanten Turms vorbei rauscht und ein nicht weniger visionäres Wahrzeichen Wuppertals darstellt. Die Ausstellung „Heimatplan“, die am 23. Januar in der Galerie GRÖLLE pass:projects eröffnet wird, zeigt den Blick zeitgenössischer Künstler auf die Architektur der Nachkriegsmoderne (Link).

Die Architektur der Nachkriegsmoderne
Überall in Europa entstanden in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg Gebäude aus einem ganz ähnlichen Geist heraus wie der Turm der Stadtsparkasse. Die Architekten, die die zerstörten Städte wieder aufbauten, ganze Viertel und Zentren neu anlegten und eine neue Infrastruktur planten, verfolgten dabei ganz bestimmte Ideale. Es ging ihnen um das Umsetzen demokratischer Ziele, um menschenwürdiges Wohnen, um Transparenz und Eleganz und vor allem um einen optimistischen Glauben an die Zukunft. Neu entwickelte Materialien und Techniken aus der Luft- und Raumfahrt ermöglichten zudem innovative Gebäudeformen und nicht selten eine sehr skulpturale Herangehensweise.Die Architektur der Nachkriegsmoderne reicht in ihrer Bandbreite von streng funktionalen Modulbauten, Rasterfassaden und vermeintlich spröder Zweckarchitektur über futuristisch wirkende Space-Age-Konstruktionen bis hin zur rauen Opulenz brutalistischer Betonbauten.

Die heutige Sicht auf die Nachkriegsmoderne
Viele Gebäude dieser Epoche verschwinden heute beinahe unbemerkt aus dem Stadtbild, oftmals ohne Widerspruch der Bevölkerung. Andere werden im Rahmen des Bauens im Bestand bis zur Unkenntlichkeit modifiziert. Dabei geht gerade das, was das Charakteristische dieser Bauten ausmacht, verloren: die eleganten Proportionen, die aus dem Zusammenspiel von Linien und Flächen entstehen, die subtilen Details der Gestaltung, die sich beispielsweise in der Verbindung von Oberflächen und Fugen zeigen, bis hin zu den ganz typischen Materialien und Farben dieser Zeit. Einige wenige Gebäude, wie das der Stadtsparkasse Wuppertal, werden in ihrer Besonderheit geschätzt und unter Denkmalschutz gestellt. Oftmals jedoch sind sie großer Unkenntnis und Ignoranz ausgesetzt.

Wir leben in einer Zeit, in der man infolge einer riesigen Bilderflut wohlwollend auf alle möglichen Stile und Epochen zurückblickt. In den Bereichen Mode, Film und Architektur spielt der Retrogedanke seit Jahren eine große Rolle. Wie kann es jedoch sein, dass ausgerechnet die Architektur der Nachkriegsmoderne derart in Gefahr ist? Was ist aus den Utopien dieser Zeit geworden und wer glaubt heute noch an sie? Worin liegt die Schönheit der Gebäude, die in diesem Zusammenhang entstanden sind?

Heimatplan. Eine Ausstellung in der Galerie GRÖLLE pass:projects
Die Künstler der Ausstellung „Heimatplan“ stellen genau diese Fragen. So unterschiedlich sie sich in ihrem jeweiligen Medium mit den Formen und Idealen der Nachkriegszeit auseinandersetzen, so haben sie dennoch eine große Gemeinsamkeit. Allesamt sind sie geprägt von der Begeisterung für die architektonische Bildsprache der Nachkriegsmoderne. Sie betrachten die verschiedenen Gebäude dieser Epoche in ihrem kunst- und kulturgeschichtlichen Zusammenhang, stellen Bezüge zu städtebaulichen und gesellschaftlichen Fragen her, sehen aber auch das Phantastische in der Architektur dieser Jahre und die Verbindung zu Science-Fiction-Filmen, Sputnik-Schock und Mondlandung. 

„Heimatplan“ stellt die Bedeutung der Nachkriegsarchitektur in unserer heutigen Zeit heraus und lässt die ganz besondere Schönheit dieser Gebäude sichtbar werden.

Ausgangspunkt der Ausstellung ist der 100. Geburtstag des Architekten Paul Schneider von Esleben im Jahr 2015 und sein Entwurf für die Stadtsparkasse Wuppertal. Wie die einzelnen Künstler des Projekts „Heimatplan“ ihre Identifikation mit dem Geist der Moderne jeweils umsetzen, ist ab dem 23. Januar 2016 in der Galerie GRÖLLE pass:projects in Wuppertal zu sehen.

Zu weiteren Informationen geht es hier entlang: www.groelle.de, darüber hinaus kündigt auch das M:AI die Ausstellung "Heimatplan" in einem opulenten Artikel auf seiner Seite an (Link).

Ab dem 20. 01. 2016 ist zudem der zweite Teil der Ausstellung "Paul Schneider von Esleben - Das Erbe der Nachkriegsmoderne" des M:AI in der Stadtsparkasse Wuppertal zu sehen (Link).

Im April 2016 findet dann unter dem Titel  „Neue Heimat“ eine weitere Ausstellung zum Thema Nachkriegsmoderne in der Galerie weißer elefant in Berlin statt, die im  Zusammenhang mit dem Projekt „Heimatplan“ entsteht.

Montag, 18. Januar 2016

Paul Schneider von Esleben - Das Erbe der Nachkriegsmoderne. Teil 2 der Ausstellung des M:AI in der Stadtsparkasse Wuppertal




Immer vor Ort. Nie am selben.“ So lautet der Wahlspruch des M:AI (Link), des Museums für Architektur und Ingenieurkunst NRW. Zum Konzept des Museums gehört es, dass die Ausstellung des M:AI immer in außergewöhnlichen Gebäude stattfinden, die thematisch mit dem jeweiligen Projekt in Verbindung stehen. Die Ausstellung des M:AI über Paul Schneider von Esleben anlässlich des 100. Geburtstags des Architekten erstreckte sich im August letzten Jahres über die gesamte Heimatstadt des Düsseldorfers hinweg (Link). So erfuhr man nicht nur in Schneider von Eslebens Mannesmann Hochhaus über dessen Leben und Werk, sondern auch in der Architektenkammer NRW und in der Rochuskirche.

In Wuppertal findet nun der zweite Teil der Ausstellung statt, natürlich in einem weiteren spektakulären Gebäude Paul Schneider von Eslebens, dem weithin sichtbaren Ensemble der Stadtsparkasse Wuppertal am Islandufer.

Nach dem Entwurf für das Mannesmann Hochhaus in den Fünfzigerjahren avancierte Schneider von Esleben bald zum Hochhausexperten. In den Sechzigerjahren entwarf er für Düsseldorf zunächst das Commerzbank Hochhaus (1961 – 63) und das ARAG-Gebäude (1963 – 67) und wandte sich dabei zunehmend dem Einsatz von Beton zu. Zwischen 1969 und 1973 entstand dann das dreiteilige Gebäude der Stadtsparkasse Wuppertal , das nun gerade kürzlich, rechtzeitig zu der Eröffnung der Ausstellung, unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Dabei berief man sich auf die innovative Konstruktion des Verwaltungsturms bzw. des gesamten Ensembles, auf die typologisch neuartige Kombination aus Kunden- und Verwaltungszentrum und auf die Bedeutung des markanten Turms für die gesamte Stadtsilhouette. Das Besondere an dem 75 Meter hohen Verwaltungsturm liegt darin, dass in einem ersten Schritt zunächst ein Betonkern gegossen wurde, in dem sich die Treppen- und Aufzugsschächte befinden, und dann in einem weiteren Arbeitsschritt die einzelnen Etagen von ober nach untern an diesen Kern angehängt wurden. Auf diese Weise schuf Schneider von Esleben neunzehn Etagen, die allesamt keine tragenden Säulen oder Pfeiler benötigen und deren Flächen somit frei einteilbar sind. Diese Form der Hängekonstruktion, die sich auch in Egon Eiermanns Olivetti-Häusern in Frankfurt und in den Gebäuden des Rathauses in Marl wiederfindet, geht auf die Erfindung zweier Wuppertaler Architekten zurück, auf die Brüder Bodo und Heinz Rasch, wobei letzterer bis zu seinem Tod in einem Haus am Döppersberg wohnte, nicht weit vom Islandufer entfernt.

Flankiert wird der Verwaltungsturm auf der einen Seite von einer Parkgarage mit auffälligen Spindeltreppen und auf der anderen Seite von einem Flachbau, der nach dem gleichen Hängeprinzip konstruiert wurde und das Kundenzentrum enthält. Ganz im Sinne des zukunftsweisenden Gebäudearrangements, das sich deutlich vom gesamten Stadtbild Wuppertals abhebt, beauftragte Paul Schneider von Esleben zudem den Krefelder Künstler Adolf Luther mit dem Entwurf einer Plastik. Über die gesamte Rückwand des Kundenzentrums hinweg erstreckt sich somit ein (ehemals) kinetisches Objekt, das aus Adolf Luthers typischen Glaslinsen besteht. In Form von insgesamt vierundvierzig Stelen drehten sich Luthers riesige reflektierende Glasobjekte ursprünglich um ihre eigene Achse und verbreiteten ein schillerndes Licht in der Schalterhalle. Die Dynamik ist generell ein wichtiges Thema im Werk Paul Schneider von Eslebens. Wie beim Gebäude für die Commerzbank Düsseldorf verfügte auch das des Stadtsparkasse Wuppertal einen Drive-in-Schalter für ganz eilige Kunden.


Dienstag, 5. Januar 2016

Literatur und Architektur - Teil 2: Max Frisch - Das Letzibad in Zürich (1942 - 49)



Im Werk des Schweizer Schriftstellers Max Frisch ist die Frage nach der eigenen Identität eines der zentralen Themen. In "Homo faber", Frischs bekanntestem Roman (1957), geht es darum, wie das gesamte sorgsam konstruierte Weltbild eines Ingenieurs in wenigen Wochen auseinanderfällt. Durch eine schicksalhafte Verkettung von Ereignissen und Begegnungen stellt die Titelfigur Walter Faber sein bisheriges Leben in Frage und ist gezwungen, sich selbst ganz neu zu definieren. Bereits einige Jahre zuvor hatte Max Frisch in "Stiller" beschrieben, wie der Protagonist hartnäckig behauptet, eine ganz andere Person zu sein, obwohl ihn sein gesamtes Umfeld als den Stiller identifizieren kann, den es seit Jahren kennt. In "Mein Name sei Gantenbein" aus dem Jahr 1964 erfindet sich die Hauptperson schließlich immer wieder neue Identitäten, die er der Reihe nach anprobiert "wie Kleider". Das Material, mit dem Max Frisch all diese verschiedenen Persönlichkeiten erschafft, ist eine Sprache die zwischen sachlich-nüchtern und plastisch-opulent jede Nuance abdeckt. 

Mit dem ehemaligen Bademeister des Letzibades und jetzigen Leiter des dortigen Kunstvereins, Pierre Geering, auf der Betontreppe von Max Frischs Pavillon (Foto: Jürgen Grölle)
















Max Frisch als Architekt
Max Frisch selbst konnte sich über eine lange Zeit hinweg hinweg nicht entscheiden, ob er sich als Schriftsteller oder als Architekt definieren sollte. Als im Jahr 1949 in Zürich das Letzibad eröffnet wurde, das nach seinen Entwürfen gebaut worden war, hatte er bereits verschiedene Versionen seiner selbst ausprobiert. Enttäuscht von seinem abgebrochenen Germanistikstudium, hatte er sein Geld zunächst als Journalist verdient und war dann dem Vorbild seines Vaters gefolgt, um Architektur zu studieren. Im Jahr 1943 gewann er schließlich im Alter von zweiunddreißig Jahren den Wettbewerb für den Entwurf des Letzibades. Während der kriegsbedingt langen Bauzeit der Badeanlage folgte Max Frisch jedoch schon wieder seiner Doppelexistenz und schrieb mehrere Theaterstücke. Er erlebte somit gleichzeitig den Bau seines Bades und die Aufführung seiner Stücke in Zürich. Mit dem Fahrrad fuhr er zwischen Theater und Strandbad hin und her (Link) und war beeindruckt von der Umsetzung seine Ideen sowohl durch Schauspieler als auch durch Bauarbeiter. Im Verhältnis  zwischen dem Schreiben und dem Entwerfen von Gebäuden sah er nicht so sehr eine Spannung zwischen Theorie und Praxis, sondern war eher fasziniert von den verschiedenen Arten reflektierten Tuns. Insgesamt verfolgte er diese Form von Doppelexistenz über zwanzig Jahre hinweg.