Der Architekt Richard Neutra ist vor allem für die Entwürfe bekannt, die er in Kalifornien umgesetzt hat, für die harmonische Verbindung zwischen Architektur und Natur und seine Teilnahmne am Case Study House Programm. Nachdem die klimatischen Bedingungen in Los Angeles dem Bauen filigraner, offener Konstruktionen sehr entgegenkommen, ist es umso interessanter zu sehen, wie Neutra mit dem typisch deutschen Wetter umgeht, insbesondere im Bergischen Land.
In den späten 60erjahren beauftragte das Ehepaar Pescher den Architekten, für ihr Grundstück in Wuppertal ein großangelegtes Wohnhaus zu entwerfen. Mit der Kunstwissenschafterlin Barbara Lamprecht und dem Fotografen Martin Schall* hatte ich das Vergnügen, Herrn Pescher zusammen mit seiner jetzigen Frau in ihrem Haus zu besuchen und es war ganz unglaublich zu sehen, wie es Neutra gelungen war, diese ganz spezielle kalifornische Atmosphäre nach Wuppertal zu bringen. Wir saßen bei weit geöffneten Fenstern im Wohnzimmer und hörten gespannt zu, wie Herr Pescher aus der Zeit berichtete, als seine damalige Frau nach der Lektüre amerikanischer Architekturzeitschriften dem Bauunternehmer klarmachte, daß nur Neutra als Architekt ihres neuen Hauses in Frage kommt und dieser schließlich aus kalifornien anreiste, zusammen mit seiner Frau Dione und deren Cello, wie Neutra darauf Wert legte, in einer Jugendherrberge zu übernachten, weil er nicht mehr als ein einfaches Bett und ein kräftiges Frühstück benötige, und er schließlich dieses Haus baute, das sich einerseits mit seinen Materialien und Formen in die Landschaft einfügt, in dem andererseits aber auch eine Stimmung herrscht, die so wohl nirgendwo im Bergischen zu finden ist.
Das Licht flirrte durch die Bäume und fiel auf die steinernen Wände, der warme Sommerwind wehte durch die großen Fenster ins Wohnzimmer und es war unglaublich zu sehen, wie der von Architekten wie Neutra stets geforderte fließende Übergang zwischen innen und außen umgesetzt war. Beispielsweise hatte Neutra gegen den Protest von Frau Pescher auf einen hellen Teppichboden bestanden, der der Farbe der Steine entspricht, mit der die Terrasse belegt ist. Der viel höhere Einsatz steinerner Elemente ist es auch, was Neutras Gebäude in Deutschland und der Schweiz von den kalifornischen Bauten unterscheidet, die Verbindung von Holz und Glas jedoch enstpricht genau dem typischen kalifornischen Look, wie ich ihn beispielsweise in Los Angeles Silverlake gesehen habe (Link).
*Von Barbara Lamprecht stammt der bei Taschen erschienen Band über Richard Neutra, Fotograf Martin Schall betreibt mit seiner Seite you-are-here.com ein riesiges Archiv an Gebäuden, das sich sowohl über alle Epochen und Stile erstreckt als auch Bauwerke für alle möglichen Zwecke zeigt.