Über Flughäfen, Weltausstellungen und futuristische Bauten und wie Paul Schneider-Esleben und Ernst Althoff die Architektur in Düsseldorf erneuerten
Der fünfte Teil meiner Serie über Paul Schneider-Esleben und den ersten Flachdach-Bungalow, den er Anfang der 1950er Jahr entwarf, ist in der Wochenendausgabe der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf am Samstag, dem 2. März erschienen. Nach all den kunstgeschichtlichen und politischen Zusammenhängen, von denen die bisherigen Kapiteln handelten, geht nun um das Bürohaus, das sich Erich Riedel, der Schneider-Esleben mit dem Bau des Bungalows beauftragt hatte, Ende der 60er Jahre von Ernst Althoff entwerfen ließ.
Die Moderne und die Geschwindigkeit
Gleich zu Beginn seiner Karriere setzte der Düssldorfer Architekt Paul Schneider-Esleben mit dem Bau der Hanielgarage, die nur aus einem filigranen Betongerippe, einer riesigen Glasfassade mit türkisblauen Fensterrahmen und zwei am Dach aufgehängten, elegant geneigten Rampen besteht, der Geschwindigkeit, der Bewegung und dem Fortschritt ein kristallines Denkmal. Am Stadtrand gelegen, mit einem Drive-in Motel ausgestattet und durch die Straßenbahn an das Zentrum Düsseldorfs angebunden, enstand mit der Hanielgragen ein früher Vorbote der Autogerechten Stadt nach amerikanischem Vorbild. In einem Entwurf des 1953 fertig gestellten Gebäudes hatte Schneider-Esleben sogar einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Parkhauses eingezeichnet.
Das Fliegen, in seiner Verbindung aus Dynamik, Technik, Verwegenheit und dem dreidimensionalen Raum die ideale Fortschrittsmetapher, hatte in Schneider-Elsebens Auseinandersetzung mit der modernen Architektur zudem einen ganz biographischen Bezug. Als er zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zum Militär eingezogen wurde, musste er sein Architekturstudium unterbrechen und eine Ausbildung zum Kampfpiloten antreten. In der Nähe seines Stützpunktes in Lothringen lernte er den Architekten Rudolf Schwarz kennen, der ihn mit den Ideen der Moderne bekannt machte. Zuvor hatte sich Schneider-Esleben im Architekturbüro seines Vaters Franz Schneider vor allem mit dem Um- und Ausbau von Schlössern und Kirchen beschäftigt. Von seinem Militärdienst wurde der Sohn schließlich befreit, da er als Architekt im Büro seines Vaters als unabkömmlich erachtet wurde. Rudolf Schwarz wurde nach dem Krieg als Generalplaner verantwortlich für den Wiederaufbau Kölns.
Der Patentanwalt und sein Bungalow
Anfang der 1950er Jahre, als Schneider-Esleben am Entwurf der Hanielgarage arbeitete, beauftragte eine junge Familie aus Düsseldorf den Architekten damit, für ihr Grundstück in Gruiten ein Wohnhaus zu planen. Für Familie Riedel baute er seinen ersten Flachdach-Bungalow nach kalifornischem Vorbild, sogar noch vor seiner ersten Amerikareise. Erich Riedel war als technischer Direktor einer Stahlbaufirma für Patente zuständig und machte sich schließlich als Patentanwalt selbstsändig. Ende der 50erjahre eröffnete er ein Büro in Düsseldorf am Hofgarten und pendelte täglich mit seinem blauen Mercedes in die Stadt. Von sich selbst sagte er, er übernehme jeden Fall, vom Patent für dreieckige Fahrradlenker bis hin zum UFO, nur für Waffen stellte er keine Patente aus. Sein Büro expandierte zunehmend, sodass er Mitte der 60er Jahre den Entschluss fasste, Paul Schneider-Esleben mit dem Entwurf eines modernen Bürohauses zu beauftragen, für das Grundstück direkt neben seinem Bungalow. Seine Klienten kamen so wie so aus der ganzen Welt, warum sollten sie nicht vom Flughafen Düsseldorf aus direkt nach Gruiten fahren?
Der Flughafen Köln Bonn
Seit dem Bau der Hanielgarage und des Bungalows für Familie Riedel hatte Schneider-Esleben eine rasante Karriere gemacht, zudem haftete ihm das Image eines glamourösen Jetset-Architekten an. Immer wieder flog er in die Vereinigten Staaten - als Passiger, nicht als Pilot - und setzte sich dort mit der modernen Architektur auseinander. Als er 1961 eine Professur an der Hochschule für Bildende Kunst in Hamburg erhielt, kamen regelmäßige Flüge in die Stadt an der Elbe hinzu. Ende der 60er Jahre bekam „Schneider-Jetleben“, wie man ihn mittlerweile nannte, dann den perfekten Auftrag: er sollte den Flughafen Köln Bonn entwerfen. Aus der Frühzeit des Flughafens existiert ein Foto, auf dem der Architekt im Trenchcoat und mit seiner ledernen Aktentasche unter dem Arm über das Rollfeld läuft und man riecht förmlich den Duft des Kerosins. Den zeitgleichen Auftrag, für Erich Riedel ein Bürohaus entwerfen, musste er ablehnen, empfahl jedoch seinen Mitarbeiter Ernst Althoff als Architekten.
Der Architekt Ernst Althoff
Der Name Althoff war Familie Riedel durchaus bekannt und ein fester Bestandteil ihres täglichen Lebens. Die Möbel, die Schneider-Esleben für den Bungalow entworfen hatte, stammten allesamt aus der Schreinerei von Johannes Althoff in Krefeld. Der Sohn, Ernst Althoff, hatte zunächst eine Schreinerlehre bei seinem Vater gemacht, dann an der späteren Werkkunstschule Krefeld Architektur studiert und war schließlich in die Klasse des Architekten Hans Schwippert an der Kunstakademie Düsseldorf aufgenommen worden. Dem Material Holz blieb Althoff sein Leben lang treu und es spielt in all seinen Projekten eine Rolle, sowohl in der Architektur als auch in senen Möbelentwürfen, seinen Ausstellungskonzepten und in seinen modularen Skulpturen. Für Joseph Beuys baute er ein Bett aus Stahl und Eichenholz, allerdings entwarf er auch Serienmöbel, mit denen er zeigen wollte, dass nicht nur das individuelle Talent das Ergebnis bestimmt, sondern auch der intelligente Umgang mit Maschinen. Seine Idee einer akkuraten, mit modernster Technik durchgeführten Verabeitung des traditionellen Baustoffs Holz zeigt sich deutlich in der Treppe, die Althoff später für Riedels Bürohaus entwerfen sollte.
Hans Schwippert hatte sich in Aachen und Düsseldorf als moderner Architekt des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg verdient gemacht und holte seinen ehemaligen Studenten Ernst Althoff 1963 als Dozent an die Kunstakademie Düsseldorf zurück. Davor jedoch war Althoff über mehrere Jahre hinweg dessen Assistent. Schwippert ließ dem jungen Architekten eine große gestalterische Freiheit, bespielsweise bei dessen Konzept für die Ausstellung „Werdendes Abendland an Rhein und Ruhr“ im Jahr 1956 in der Villa Hügel in Essen. Ihm gelang es, die Innenräume des großbürgerliches Wohnhauses der Familie Krupp in ein modernes Museum umzugestalten und präsentierte die mittelalterlichen sakralen Gegenstände in einer Atmosphäre von klösterlicher Strenge und Eleganz.